Ich war zuerst in einem Vorstellungsgespräch mit einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, denn diese reagieren aufgrund ihrer überschaubaren Größe recht schnell auf Bewerbungen. Dort wurde die Tatsache, dass ich schon vor dem Studienende einen berufsqualifizierenden Abschluss erworben habe, positiv bewertet. Allerdings wurde mir auch gesagt, dass sie den „staatlich geprüften Übersetzer“ nicht so richtig einordnen könnten. Die Gesellschaft hat aber auch keine Mandanten, die besonders häufig international tätig sind. Deshalb gehört das Unternehmen nicht zu der eigentlichen Zielgruppe, bei der sich Absolventen mit diesem Abschluss normalerweise bewerben.
Deutlich später reagierte eine international tätige Big 4 Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf meine Bewerbung. „Big 4“ bedeutet, dass das Unternehmen zu den weltweit größten vier seiner Branche gehört. Da ich zu dem Zeitpunkt aber schon der anderen Gesellschaft zugesagt hatte (das Angebot der ersten Gesellschaft war inhaltlich einfach zu vernünftig, um es auszuschlagen) und man mich gleich fragte, ob ich denn schon einen Praktikumsplatz habe, war das Gespräch schnell wieder beendet. Da ich damals noch wenig Erfahrung mit Bewerbungen hatte und meine Munition nicht gleich komplett verschießen wollte, hatte ich mich nur bei den beiden genannten Unternehmen beworben. Weil ich einer Gesellschaft zugesagt und der anderen abgesagt hatte, ging ich davon aus, dass ich nichts mehr in Richtung Praktikum hören werde.
So war es dann aber nicht. Vermutlich befand sich meine Bewerbung bei Big 4 noch in der Datenbank. Denn viele Wochen später meldete sich ein Leiter der internationalen Steuerabteilung bei mir. Man muss wissen, dass die ganz großen Gesellschaften für fast alles eine Spezialabteilung haben. Es handelte sich genauer um die Abteilung indirekte Steuern => Umsatzsteuer. In dieser Abteilung wird die Entwicklung des Umsatzsteuerrechts beobachtet und neue Rechtsgutachten, Fachartikel und Gerichtsurteile in Form eigener Berichte verarbeitet. Die Berichte werden in englischer Sprache verfasst. Der Leiter bot mir ein Praktikum in seiner Abteilung an. Da musste ich sofort an einen Kommilitonen denken, der mich letztes Jahr im Oktober damit ärgerte, dass ich, da ich ja jetzt Übersetzer sei, wenn ich mich bei Big 4 bewerbe, in eine Rechtsabteilung gesteckt werden würde und den ganzen Tag Verträge übersetzen müsste. Wie wahr, wie wahr

Lange Rede, kurzer Sinn: Das Modell von AKAD für die Übersetzerausbildung muss konkurrenzfähig sein, wenn man selbst bei einer Big 4 Gesellschaft in so einer Abteilung eine Chance bekommt. Zieht es durch!