WIR04 - der Buchhalter

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Mirko
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Hallo,

bei mir steht demnächst WIR04 an und beim Durcharbeiten der alten Klausuren bin ich über die Aufgabe mit dem Buchhalter gestolpert. Kann mir jemand sagen, ob ich mit meiner Lösung auf dem Holzweg bin, oder das schon in die richtige Richtung geht. Ergänzungen und Hinweise wären toll. Danke :)

Hier noch mal die Aufgabe sinngemäß: G stellt einen Buchhalter (B) ein; später erfährt G, dass B wegen Veruntreuung und Betrug im Gefängnis gesessen hat. Was kann G tun?

Welche Möglichkeiten hat G, B loszuwerden?
Zuerst dachte ich an Kündigung (§626 BGB) u.s.w. - nur war das ja nicht Thema in WIR04. Also vielleicht eher Anfechtung wegen Unwirksamkeit?

Sicher ist wohl, dass B und G einen wirksamen Dienstvertrag nach §611 BGB geschlossen haben, wodurch beide vertragstypische Pflichten zu erfüllen haben. Zu diesen Pflichten gehört aber nicht, dass B dem G sagt, dass er im Gefängnis gesessen hat. Somit ist zu dem Zeitpunkt noch alles i.O.
Nachdem nun G von Bs Vorgeschichte erfahren hat, will er ihn nicht mehr in der Firma haben, und sucht nach Möglichkeiten ihn los zu werden.

Da B weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten verstoßen hat (§138 BGB) ist eine sofortige Unwirksamkeit des Vertrags ausgeschlossen.

Somit kann noch die Anfechtung wegen Irrtum geprüft werden.
Der Erklärungsirrtum nach § 119 Abs.1, 2. Alt BGB scheidet aus, da G ja beim Vertragsabschluß erklärt hat, B einstellen zu wollen. G hat das ausgedrückt, was er zu diesem Zeitpunkt wollte.
Auch der Inhaltsirrtum (§ 119 Abs.1, 2. Alt BGB ) scheidet aus, da G bei Vertragsabschluss genau wusste, dass durch sein Handeln B eingestellt wird.
Bliebe noch der Motivirrtum (§ 119 Abs.2 BGB), der aber, um als Voraussetzung für eine Anfechtung dienen zu können, beachtlich sein muss. Da sich G in Bs Eigenschaften geirrt hat, liegt ein Eigenschaftsirrtum vor, und dieser ist beachtlich.

Demnach kann G den Dienstvertrages nach § 119 Abs.2 BGB mit B anfechten. Die Anfechtung muss G, nachdem ihm Bs Vorgeschichte bekannt wurde, gem. § 121 Abs.1 BGB unverzüglich erklären.

Mehr würde ich dazu nicht schreiben . . . bzw. würde mir nicht viel mehr einfallen - und dass macht mich auch etwas stutzig, schließlich war das ja eine von drei Komplexaufgaben. :roll:


mfg
Mirko
monday55
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Hey Mirko,

na sieht doch ganz gut aus!

Ich würde auch nach §119 (2) Anfechten!
-> Es liegt ein klarer Motivirrtum vor. Eine "im Verkehr wesentliche Eigenschaft" ist betroffen.
Eine fristlose Kündigung nach §626 kommt übrings nicht in Betracht, es sei den der Buchhalter wird auffrischer Tat bei der ersten Veruntreuung erwischt ^^

Man könnte glatt überlegen ob man noch einen § draufpackt und wegen Täuschung anfechtet §123 (1), hierbei müsste ich jetzt aber die Aufgabestellung mutmaßen, wenn eine Frage in der Form: "Haben sie Vorstrafen" nicht oder falsch beantwortet wurde, dann handelt es sich in jedem Fall um einen Verstoß nach §123 (1).... Urteile zu entsprechenden Streitfällen findest du auf http://www.jusline.de


-monday-

bis morgen in Leipzig ;-)
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