Erfahrungsbericht Übersetzerprüfung Saarbrücken

Englisch, Französisch...
Antworten
Birte
Neues Mitglied
Neues Mitglied
Beiträge: 2
Registriert: 28.08.03 23:04
Wohnort: bei Flensburg

Hallo,

besser spät als nie - vor gut einem Jahr habe ich die Übersetzerprüfung/Englisch in Saarbrücken erfolgreich absolviert und möchte jetzt meine Erfahrungen an andere angehende Übersetzer weitergeben:

Zur mündlichen Prüfung (die Prüfungstexte der schriftliche Prüfung können beim Prüfungsamt angefordert werden):

Landeskunde beider Sprachräume
Dauer 25 Minuten

Die Prüfung war in zwei Hauptteile aufgeteilt und jeder Prüfer hat nur „seinen“ Teil geprüft. Zuerst kam LK GB (die USA wurde mit keinem Wort erwähnt) dran und dann LK D.

Der erste Teil lief eigentlich ganz gut, allerdings wollte die Prüferin sehr viele Details wissen, z. B. wann die Wahlen in GB waren, welche Minister des Kabinetts zurückgetreten sind (und warum). Ich hatte allerdings den Eindruck, dass es nicht so schlimm war, wenn man nicht alles wusste.

Hier also einige Fragen:

- Wann waren die Wahlen in GB?
- Wie war das Ergebnis? (1. Mal, dass Labour drei aufeinander folgende Wahlen gewonnen hat / hoher Stimmverlust, aber immer noch eine ausreichende Mehrheit)
- Was war das Wahlprogramm der Labour-Partei? (Das hatte ich glücklicherweise noch rausgesucht, als ich erwähnte, dass die Sicherheit in den Städten erhöht werden soll, und zwar u. a. durch die „asbos“, kamen dazu Detailfragen – was ist das, bringt es etwas....)
- Welches „Erbe“ möchte Blair nach seiner Zeit als Präsident hinterlassen, außer der guten Wirtschaftslage? (Es ging um sein Engagement in Sachen Entwicklungshilfe)
- Welche Maßnahme will Blair gegen den Terrorismus ergreifen? (ID Cards)
- Wie ist die Meinung der Briten zu den Personalausweisen?
- Welche zwei Minister sind von ihrem Amt zurückgetreten? (Peter Mandelson + D. Blunkett)

Dann ging es weiter mit LK Deutschland:

Die Prüfung war in drei Themenschwerpunkte unterteilt - zuerst wurde mir eine Deutschlandkarte präsentiert, anhand derer ich die Naturräume Deutschlands beschreiben sollte (Norddeutsche Tiefebene, Mittelgebirge....). Dann kam die nächste Karte mit den Autobahnen in Deutschland (Stand 1990). Ich sollte die damalige Situation beschreiben und dann erläutern, was sich nach der Wende getan hat. Der Prüfer hätte sich auch noch gerne mit mir über die Schiffahrts- und Schienenwege unterhalten, allerdings musste ich da doch passen. Ich habe mich also mehr schlecht als recht durch diese beiden Themen durchgearbeitet, da meine Vorbereitung in eine ganz andere Richtung ging.

Das 3. Thema war dagegen kein Problem, es ging um die Nachkriegszeit, die ich darlegen sollte. Dabei lag es dem Prüfer auch sehr daran, genaue Daten zu benennen, wie z. B. Gründung der BRD, Volksaufstand DDR und Mauerbau.

Ein paar Fragen, die er mir zu meinen Ausführungen gestellt hat, fallen mir noch ein:

- Was wurde auf der Potsdamer Konferenz beschlossen?
- Wie haben sich die westdeutsche und ostdeutsche Besatzungszone entwickelt?
- Wie hat sich die Haltung der Alliierten gegenüber Deutschland verändert?
- Was war der Marshallplan?
- Wie wurde die Mauer in der DDR-Propaganda benannt?

Es wurden also bei den Fragen zur Landeskunde Deutschland überhaupt keine aktuellen Themen angeschnitten, und es war auch keine eigene Meinung gefragt. Als Aufhänger zum 1. Thema sagte der Prüfer, man solle Gästen aus Großbritannien Deutschland beschreiben. Soweit ich weiß, sind auch bei den beiden anderen Prüflingen ähnliche Themen genommen wurden - wir hatten den Eindruck, dass dies eine Art Standardrepertoire ist.


Stegreifübersetzung E-D + Hilfsmittelkunde
Dauer 40 Minuten


Der Text handelte von den EU-Subventionen, die an das Unternehmen Airbus gezahlt wurden und die Beschwerde der USA bei der WTO.

Die erste Überraschung war, dass mir 5 Minuten zum Lesen des Textes zugestanden wurden. Dann wurde ich gefragt, ob ich mir nicht Notizen machen wolle – das ist in Saarbrücken also erlaubt.

Die Übersetzung lief gut, danach kam eine Kurzkritik (insgesamt gut; es war positiv, dass ich einige Sätze geteilt hatte, was gegen Ende des Textes jedoch etwas zu häufig vorkam; ich hätte zu oft eine schwerfällige „um zu“-Konstruktion gewählt, wenn es auch einfacher gegangen wäre). Ich musste zwei oder drei Satzteile wiederholen und es wurde noch auf einzelne Worte eingegangen.

Danach ging es über zur Hilfsmittelkunde. Hier die Fragen:

- Welche allgemeinen Wörterbücher würden Sie verwenden? (Der große Muret-Sanders war eindeutig die Antwort, die gewünscht war) Ich habe aber zuerst erklärt, dass ich „nur“ das Großwörterbuch von Pons habe, da ich noch nicht als Übersetzerin arbeite. Aber wenn, dann wäre unbedingt Muret-Sanders etc. erforderlich.
- Wo schlagen Sie Synonyme nach? (Zuerst hatte ich einschlägige Synonymwörterbücher genannt, aber die Prüferin wollte auf die einsprachigen Wörterbücher hinaus).
- Welche Fachwörterbücher? (Ich hatte Dietl/Lorenz, Routledge und Eichborn erwähnt und auf den unterschiedlichen großen Umfang hingewiesen. Daraufhin hat mir eine Prüferin noch das Wörterbuch von Schäfer empfohlen (überhaupt bestand die Tendenz, dass die Prüferinnen einem noch auf nette Weise gute Tipps mit auf den Weg geben wollten)
- Wo gelangt man sonst an Fachvokabular (Fachzeitschriften beider Sprachen)
- Stichwort Wortsuche im Internet, was muss man beachten? (Eigentlich wollten die Prüferinnen, dass ich ihnen kurz am PC vorführe, wie ich ein vorgegebenes Wort suche, aber da war die Prüfungszeit schon fast um. Es war gut, dass ich auf das Problem von falschen Übersetzungsvorschlägen hingewiesen hatte)
- Welche Online-Wörterbücher kennen Sie? (z. B. Leo, seitens der Prüferin wurde auch nach dem Wörterbuch der EU gefragt)

Die Prüfung verlief wirklich gut und in einer entspannten Atmosphäre. Es wurden keine Fragen zur Fachterminologie gestellt.


Stegreifübersetzung D-E
Dauer 25 Minuten

Der Text handelte von dem Beruf des Meteorologen und den oft nicht zutreffenden Wetter-vorhersagen, hatte also ein durchaus abwechslungsreiches Vokabular. Auch hier konnte man Notizen machen und hatte 5 Minuten Zeit zum Lesen.

Eigentlich lief es mit der Übersetzung ganz gut, auf jeden Fall sollte man darauf gefasst sein, fast jeden Satz oder zumindest einzelne Wörter noch einmal durchgehen zu müssen. Allerdings hatte man so die Gelegenheit, sich noch zu verbessern, was anscheinend auch bei der Note berücksichtigt wurde.


Achtung - für die Zulassung zur Prüfung müssen 3 Monate Auslandsaufenthalt nachgewiesen werden. Das war wohl der Grund dafür, dass es im Januar 2005 nur drei Prüfungskandidaten für Englisch gab (wir haben alle bestanden!).

Viele Grüße,
Birte
-Christian-
Forums-Scout
Forums-Scout
Beiträge: 422
Registriert: 17.11.04 21:13

Hallo Birte!

Vielen Dank für Deinen höchst informativen Erfahrungsbericht und natürlich herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung. Well done! :D

Viele Grüße
Christian
Antworten