WIR03 Komplexaufgabenmusterlösungsvorschlag :-)

Zwei Juristen, drei Meinungen ;-)
...kein Anspruch auf Gegenleistung
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Schwabe
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Hallo WIR03-Mitleidende,

ich hab mir mal die Komplexaufgabennotizen hier im Forum angeschaut. Die meisten Lösungen dazu sind im roten Buch zu finden, einige jedoch nicht. So auch die folgende Aufgabe. Ggf. kann mir auch jemand sagen, dass ich ein totaler Blindfisch bin und das irgendwo steht *lol ... hab allerdings nichts gefunden.

Naja jedenfalls hab ich mal für mich und alle hier versucht die "Ananasaufgabe" zu lösen. Um reichlich konstruktive Kritik wird gebeten. Ähnliche Aufgaben habe ich im Internet gefunden und die Lösung daraus zusammengebastelt.



Fall: Großhändler kauft von Importeur frische Ananas für 22.000 Euro.
Als Importeur Ware liefern will, lehnt Großhändler die Annahme ab, Lieferung erfolgte wohl so, dass
Annahmeverzug begründet wurde. 2 Tage später verlangt der Großhändler dann doch die Lieferung, allerdings hat
der Importeur die Ware bereits ohne vorherige Androhung öffentlich versteigert mit Erlös von 15.000 Euro.

1. Besteht Anspruch auf Lieferung?
2. Kann Importeur 7.000 Euro Schadensersatz vom Großhändler verlangen?

1. Ein Anspruch auf Lieferung besteht, wenn eine Anspruchsgrundlage dafür vorliegt.

Eine Verpflichtung könnte sich aus § 433 Abs. 1 BGB ergeben. Demnach wäre der Verkäufer verpflichtet dem Käufer
die Sache zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen. Voraussetzung ist ein wirksam begründeter
Kaufvertrag zwischen G und I. Dieser ist lt. Sachverhalt durch gültige Willenserklärungen i. S. d. §§ 145 ff. BGB zustande
gekommen.

Demnach könnte I zur Lieferung verpflichtet sein, es sei denn, der Anspruch wäre untergegangen.
Dies könnte sich aus § 373 HGB i. V. m. §§ 293, 362 Abs. 2 BGB ergeben haben.

Sowohl G als auch I sind Kaufleute i. S. d. § 1 HGB. G muss daher dass strengere Handelsrecht gegen sich gelten lassen.
Die Parteien tätigten ihre Geschäfte im Rahmen des Betriebs ihres Handelsgewerbes i. S. d. § 343 HGB. Weiterhin liegt
ein beidseitiger Handelskauf vor, so dass § 373 HGB grundsätzlich zur Anwendung kommen kann.

Fraglich ist ob der dafür erforderliche Annahmeverzug i. S. d. § 293 BGB vorliegt.
G hat die ihm angebotene Ware trotz ordnungsgemäßer Leistung durch I nicht angenommen. Entsprechend
§ 299 BGB kommt er durch die kalendermäßige Bestimmung (vermute ich Mal) des Leistungszeitpunktes automatisch in Verzug.

Durch den vorliegenden Annahmeverzug werden dem Verkäufer zusätzliche Rechte im HGB zugesprochen. Neben
§ 373 Abs. 1 HGB ist er nach Abs. 2 dazu berechtigt die dem Verderb ausgesetzte Ware ohne vorherige Androhung
zu versteigern. Dies hat I ordnungsgemäß befolgt.

Da dieser Selbsthilfeverkauf für Rechnung des säumigen Käufers erfolgte, vgl. § 373 Abs. 3 HGB, ist auch dessen Leistungsanspruch nach
§ 362 Abs. 2 BGB untergegangen. Die Leistung wurde mit der Versteigerung, u. U. an Dritte sofern der Käufer selbst nicht
von seinem Recht nach § 373 Abs. 4 HGB gebrauch macht, ordnungsgemäß erbracht.

Ergebnis: G kann die Lieferung nicht mehr von I verlangen.


2. Ein Anspruch auf Nachzahlung von 7.000 € könnte sich aus § 433 Abs. 2 BGB ergeben. Demnach ist der Käufer verpflichtet
die gekaufte Sache abzunehmen und den Kaufpreis zu bezahlen.

Wie bereits festgestellt, wurde die Ware im Rahmen eines berechtigten Selbsthilfeverkaufs für Rechnung des Käufers
geliefert. Die Leistung wurde ordnungsgemäß erfüllt, so dass sich I nicht auf § 320 BGB, die Einrede des nichterfüllten Vertrags,
berufen kann.

Durch die Erlangung von 15.000 € durch die Versteigerung, die im Grundsatz an G herauszugeben sind, kann durch
Aufrechnung i. S. d. §§ 387 ff. BGB eine begründete Restschuld von 7.000 €, die aus dem ursprünglichen Kaufvertrag her
resultiert, festgestellt werden.

Antwort: I kann von G die Nachzahlung der 7.000 € verlangen (aber nicht als Schadensersatz, ich vermute (und hoffe), dass
hier die Klausuraufgabe nicht ganz originalgetreu wiedergegeben wurde).
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Lilly
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Hallo Schwabe,

ich für meinen Teil bin immer noch nicht am Schluss dieser Aufgabe, aber ich bin einwenig anderes rangegangen als du. Vielleicht können wir die Anspruchsgrundlage und den Anfang der Überprüfung schon mal diskutieren.

Hier mal meine Ansätze:

Zu1.
Anspruchgrundlage:
G verlangt Lieferung der Ware von I aus dem KV gem. § 433 (1) BGB.

Überprüfung:
lt. SV ist der KV, welcher ein Handelkauf ist, zwischen I und G wirksam geschlossen (§§ 145 ff. BGB). I will liefern und gibt G gegenüber ein tatsächliches Angebot für die Leistung gem. § 294 BGB ab, jedoch verweigert G die Annahme zu der er nach § 433 (2) BGB verpflichtet ist. Damit kommt G in Annahmeverzug gem. §293 BGB.
Die allgemeinen Rechtsfolgen nach §§ 300-304 kommen zur Anwendung. Grundsätzlich werden aufgrund des Annahmeverzugs keine eigenständigen Rechte des Verkäufers begründet, d.h. I bleibt weiter zur Lieferung der Ware verpflichtet. Da G und I Kaufleute nach § 1 HGB sind, kann I als Verkäufer seine Rechte zu seinen Gunsten verbessern und die Sonderbestimmungen des Handelsrechts zum Annahmeverzug gem. § 373 HGB zur Anwendung bringen.
Danach kann der Verkäufer:
• die Sache auf Kosten des Käufers lagern,
• die Ware anderweitig verkaufen. Möchte er sie versteigern, hat er den Käufer über Zeitpunkt und Ort der Versteigerung in Kenntnis zu setzen. Hat die Ware einen Börsen- oder Marktpreis, kann er sie auch über einen Makler verkaufen lassen.
• die Sache nur versteigern oder verkaufen, wenn er dies dem Käufer vorher angedroht hat (es sei denn, es handelt sich um erderbliche Ware).
Der Verkäufer hat den Käufer über das Ergebnis des Verkaufs zu benachrichtigen.
Bei der Ananaslieferung handelt es sich um leicht verderbliche Waren, d.h. eine Versteigerung der Ware ist empfehlenswert. Eine Androhung der Versteigerung ist je nach Reifegrad der Früchte nach § 373 (2) S.2 HGB entbehrlich. Bei leichtverderblicher Ware darf sofort nach Eintritt des Annahmeverzugs ein Notverkauf durch öffentliche Versteigerung erfolgen. Zwar müsste I den Versteigerungserlös grundsätzlich an den G herausgeben gem. § 667 BGB, doch kann er sofort mit seiner eigenen Kaufpreisforderung aufrechnen (§§ 387 ff BGB).

Irgendwie komme ich nicht zurück zur Frage, ob G die Liefrung verlangen kann. Da fehlt mir jetzt die Kurve.... 8O

Viel weiter bin ich leider noch nicht... arbeite aber daran
Beste Grüße
Lilly

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Lilly
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Hallo zusammen,

ich stecke hier echt fest, irgendwie erschließt sich mir das mit dem "Untergang nicht"!!!

Kann mir jemand helfen? Danke schon mal....
Beste Grüße
Lilly

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Lilly
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auch heute bin ich mit dem Fall noch nicht weiter...

hat nicht noch jemand eine schöne Lösung anzubieten?
Beste Grüße
Lilly

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Guten Abend,

ich tüftle noch dran – hier mein aktueller Stand:

1. Anspruch auf Lieferung

Anspruch auf Lieferung ergibt sich aus § 433 BGB
Gegenrecht des Verkäufers ergibt sich allerdings aus §§ 373 und 376 HGB

Voraussetzungen:
2 Kaufleute, Handelsgeschäft, Annahmeverzug

Überprüfung:
Bei Großhändler und Importeur kann man davon ausgehen, dass es Kaufleute sind, so dass hier ein zweiseitiges Handelsgeschäft i.S.v. § 343 HGB vorliegt.
Annahmeverzug liegt hier vor, da Liefertermin fest bestimmt war. Eigentlich wäre Mahnung notwendig, diese ist aber eben dadurch, dass es sich um Terminlieferung handelte, entbehrlich (§286 BGB).
In diesem Fall kann V die Ware öffentlich versteigern lassen. Bei verderblicher Ware ist dies auch ohne Androhung möglich (§ 373, 1 HGB). Da Ananas leicht verderblich sind, greift diese Regelung hier.

Antwort: K kann keine Lieferung verlangen.


2. Schadensersatzansprüche von V

Anspruchsgrundlage: § 376 HGB

Voraussetzungen:
Handelskauf, fester Leistungstermin, Schuldnerverzug, keine Erfüllung

Überprüfung:
Handelsgeschäft wurde schon bejaht. Schuldnerverzug und Fixtermin ebenfalls. K hat seinen Teil des Vertrages nicht erfüllt, da er die Ware nicht angenommen hat.

V kann daher Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.


Konstruktive Kritik?!

Grüße
Monika
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