Stegreifübersetzung

Englisch, Französisch...
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TomTom

Hallo,

ich bereite mich zur Zeit auf mein Begleitseminar im September bei der AKAD vor.

Obwohl ich nun schon seit Monaten Stegreifübersetzung übe, bin ich heute das erste Mal richtig ins Grübeln gekommen, ob ich das auch richtig mache.

Ich wollte daher mal in die Runde fragen, wie ihr anderen das so macht. Frau Frey hat es uns beim letzten Mal zwar kurz vorgeführt, aber da war leider überhaupt keine Zeit zum Üben für die Gruppe.

Erklärt hat sie uns, dass

1. wir zuerst den gesamten Text durchlesen sollen,
2. dann langsamen mit der Übersetzung anfangen,
3. wobei wir uns möglichst nicht Verhaspeln oder Korrigieren sollten.

Ich muss ehrlich gestehen, ich schaffe das mit dem Verhaspeln und Korrigieren gar nicht. Bei mir kommt hinzu, dass ich nach dem ersten Durchlesen nochmals jeden Satz vorher durchlese (manchmal auch zweimal), bevor ich überhaupt anfange, etwas zu sagen.

Wie macht ihr das? Wieviel Zeit darf man sich eigentlich lassen, bevor man anfängt, einen Satz zu übersetzen? Wie sieht das mit dem Korrigieren/Verhaspeln aus, ist es wirklich so schlimm?

Danke für eure Tipps.

Gruß,

Sonja ;)
Gast

Liebe Sonja,
ich bin noch nicht so weit wie du, d. h. dass die Stegreifübersetzungen mir noch bevorstehen.
Aber ich denke, dass man dafür am besten mit einem Lernpartner übt. Wahrscheinlich wird jetzt die Zeit bis September etwas knapp, um jemanden zu finden, der sich mit dir gemeinsam für dieses Seminar vorbereitet. Aber es ist einen Versuch werd. Stell doch eine entsprechende Anfrage in die Newsgroup. Mir bringt es sehr viel, mit jemanden gemeinsam zu üben, wir sind allerdings noch bei den schriftlichen Fächern.
Falls sich jemand findet, dann lassen sich die Entfernungen per Email und Telefon überwinden. Wir haben ca. 1X die Woche "Telefonkonferenz".
Wenn das nicht funktioniert, dann schau, ob in in deinem Umfeld jemand ist, der einigermaßen Englisch beherrscht, er muss ja nicht perfekt sein, sondern gut zuhören können. Es wird zumindest den Effekt haben, schon mal Hemmungen abzubauen, sich mündlich im Beisein einer anderen Person zu üben. Diesen Effekt solltest du nicht unterschätzen.
Eine weitere Erfahrung: Klein anfangen, also erstmal wirklich kurze Texte von nur 1 bis 2 Abssätzen nehmen. Steigern kannst du dann immer noch.Ein umfangreicher Text erschlägt einen gern allein wegen seiner Länge und du setzt dich dann automatisch unter einen Druck, der nur stresst. Dann kannst du auch besser das erste Durchlesen und Erinnern der einzelenen Sätze üben. Weiterhin kannst du dich dann auf das strukturelle konzentrieren: Einfache Sätze oder komplexe; Relativsätze oder andere, wo ist der eigentliche Hauptsatz, Tenses usw.
Und dann würde ich die jeweilige Übung zeitlich nicht zu lang machen, sondern lieber mehrmals täglich kurze Übungen einlegen, auch die lassen sich ja steigern. Auswahl der Texte: Auch beim Schwierigkeitsgrad erst mal klein anfangen und dann wieder steigern.
Nach einer Übung ist es gut, zu reflektieren, was du gut konntest und wo du eine positive Entwicklung siehst. Führe darüber ein Protokoll oder Tageuch, in dem du die für dich wichtigsten Punkte notierst. Und dabei kannst du natürlich auch alles festhalten, wo du deine "Schwächen" siehst. Wenn du über einen bestimmten Zeitraum ein Protokoll führst mit "Plus" und "Minus", wirst du garantiert sehen, dass du dich verbessert haben wirst.
Das Gefühl, ich lerne und übe und bin nicht gut, ist außerdem ein gutes Zeichen! Es zeigt, dass du intensiv bei der Sache bist.
Also, ruhig Blut, das wird schon und vor der Prüfung ist ja noch das Seminar. By the way, auch ganz wichtig: NICHT zu SCHNELL sprechen. Du sollst niemanden mit rasantem Sprechtempo überzeugen, sondern den Inhalt korrekt rüberbringen.
Ich drücke dir die Daumen. Berichte doch nach dem Seminar, wie es war.
LG,
Irmgard
a.giese

Hallo Sonja, Stegreifübersetzungen müssen keine druckfertigen Übersetzungen sein, das solltest du nicht vergessen. Natürlich sollte möglichst korrekt der Inhalt wiedergegeben werden, das ist klar, aber es kommt nicht auf die absolut beste Formulierung an. Was mir damals vor meiner ersten staatl. Prüfung sehr geholfen hat, waren Simultandolmetschübungen. Bei jeder Rundfunk- oder Fernsehsendung, die ich gesehen habe, habe ich irgendwann automatisch angefangen, still mitzu"dolmetschen". Die Passagen, die ich nicht übersetzen konnte, habe ich erst mal unübersetzt gelassen, später dann anhand Wörterbücher etc. bearbeitet. Diese Übung ist gut, um Schnelligkeit zu üben und etwas "loszulassen", also nicht zu sehr nach Perfektion zu streben und sich stur auf jedes Wort zu konzentrieren. Die gleiche Methode habe ich dann auch auf Zeitungsartikel usw. angewandt. Schwierige Wörter habe ich anfangs einfach "unterschlagen" und mit allgemeineren Termini ersetzt (z.B. statt "Stahlbeton" einfach "Baumaterial"), um sie dann am Ende der Übung im Wörterbuch nachzuschlagen (Lerneffekt!), später entwickelt man aber auch eine Technik, wie man gleichzeitig den Originaltext weiterliest und dabei schon (wie beim Simultanübersetzen) anfängt zu übersetzen, also zweikanalig arbeitet. Dazu gehört aber viel, viel Übung!! Und wie gesagt, anfangs nicht auf Perfektion arbeiten, sondern eher auf Flüssigkeit. Es macht auf jeden Fall einen besseren Eindruck, wenn man flüssig runterübersetzt und sich nicht bei jedem Wort gleich dreimal verbessert, weil man mit seiner ersten Version nicht zufrieden ist. Wenn du mitten im Satz merkst, Moment mal, ich hab einen Satzteil übrig, der eigentlich weiter vorne hingehört hätte, dann führe den Satz besser zu Ende, um dann in einem zweiten Satz die fehlende Information hinzuzufügen. Das ist bei Stegreifübersetzungen absolut überhaupt kein Problem. Gut ist auch, sich eine kleine "Formelsammlung" oder eine spezielle Technik zurechtzulegen, um "vergessene" Informationen anschließend einzufügen. Und halte dich nicht mit Fachtermini auf, die dir einfach nicht einfallen wollen. Wenn dir also nicht spontan einfällt, was beispielsweise "Rechnungsabgrenzungsposten" auf Englisch heißt, dann ist es halt ein "spezieller Posten bei Rechnungen". Besser als ein dreiminütiges Gestotter, bei dem nichts rumkommt. Und wie gesagt, am Ende einer Übungssession sollte man die Stegreifübersetzung dann nochmals mit Wörterbüchern und Lexika durchgehen, um die weniger gelungenen bzw. nicht gemeisterten Stellen zu überprüfen und zu verbessern. Das erhöht deutlich den Lerneffekt. Viel Erfolg! Anja
Irmgard Wildangel
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Halla Anja,
super, deine Infos und Tipps! Ich werde mir gleich deinen Beitrag ausdrucken und als Übungsanleitung aufbewahren.
Danke und liebe Grüße,
Irmgard
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Hallo Sonja, Irmgard und Anja,

dem bereits Gesagten kann ich so nur zustimmen.

Während des Vorbereitungsseminars vor der mündlichen Prüfung hatten wir das Glück, nur eine sehr kleine Gruppe zu sein, so daß das Ganze noch intensiver war.
Ein Teil der Übungen bestand darin, daß wir gegenseitig unsere Stegreif-Übersetzungen zu korrigieren hatten. Das sollte uns die Augen dafür öffnen, wie sehr ständiges Korrigieren/Abbrechen/usw. einen daran hindert, einen so übersetzten Text zu verstehen. Diejenige, die mit Korrigieren dran war, durfte sich den Text dabei vorher nicht ansehen. Und es hat wirklich was gebracht, denn man lernt nicht nur aus den eigenen Fehlern, sondern auch aus denen der anderen.

Noch ein Tip aus eigener Erfahrung: Um die Textpassage vor Anstrengung nicht aus den Augen zu verlieren, empfiehlt es sich, den Anfang des jeweiligen Satzes mit einem Zeigefinger zu "markieren", das Ende des Satzes mit dem anderen Zeigefinger. So bleibt die Übersetzung "im Rahmen", man konzentriert sich nur auf diesen einen Satz und rückt erst weiter, wenn der Satz übersetzt ist. Außerdem hilft es manchmal, auf die Schnelle das Verb zu finden, was ja nicht immer so einfach, aber dennoch wichtig ist.

Ansonsten klingt das, was ihr so geschrieben hat, wie eine sehr gute Vorgehensweise. Macht weiter so - und viel Glück bei der Prüfung!

Viele Grüße
Judith
TomTom

Erstmal vielen herzlichen Dank an Anja, Irmgard und Judith für die tollen Tipps!

Danke, das hat mir schon beträchtlich weitergeholfen. Danke insbesondere an Judith für den Hinweis mit den Fingern als Markierung. Hab' ich gleich ausprobiert, klappt super!!!! :D

Melde mich wieder, wenn ich erste Erfolge zu verbuchen habe.

Gruß,

Sonja ;)
Gast

Hallo Sonja,

freut mich doch, wenn ich anderen mit eigener Erfahrung noch helfen kann! :D

Was mir gerade noch eingefallen ist - ich weiß jetzt nicht, ob das schon jemand hier reingeschrieben hat; sorry, falls ich was wiederhole! - was mir am Anfang auch geholfen hat, mich besser einzuschätzen, war ein Diktiergerät.
Ich bin beim Lernen eher der Einzelkämpfer; ganz davon abgesehen war es mir aus entfernungstechnischen Gründen nicht möglich, mich mit jemandem zusammenzutun. Da hätte es schon jemanden gegeben, aber das war einfach zu weit; ich hätte jedesmal für die einfache Strecke gut zwei Stunden im Zug gesessen. Das ist bei einem 40-Stunden-Job einfach nicht mehr drin.
So bin ich denn eines schönen Tages mal bei einem meiner Chefs vorstellig geworden und habe ihn gefragt, ob er nicht zufällig noch eines der alten Diktiergeräte aufgehoben hat, die wir im Büro benutzten, ehe alles auf digital umgestellt wurde. Hatte er, und er lieh es mir sogar für zwei Monate aus.

Zugegeben, anfangs hat es einen gewissen Schockeffekt. Du hast das Gefühl, erst recht nichts auf die Reihe zu kriegen, wenn das Ding nebenher läuft. Und wenn du deine Übersetzung später nochmal abhörst, stehen dir vielleicht sämtliche Haare zu Berge.

Aber glaub mir, das gibt sich. Irgendwann hat es mich schon bei der Stange gehalten und zum Weitermachen gezwungen, wenn ich nur wußte, daß das Gerät nebenher mitläuft. Das Band verzeiht nicht die kleinste Pause. Die hört sich beim Abhören später wie eine Ewigkeit an.

Wäre vielleicht eine Alternative, falls du Zugang zu einem solchen Gerät bzw. einem Kassettenrecorder mit Aufnahmefunktion und Mikrofon hast und nicht die Möglichkeit hast, dich mit jemandem zusammenzutun. Oder auch einfach nur als zusätzliche Beruhigung für das permanente schlechte Gewissen, das einen so bis zur mündlichen Prüfung zu verfolgen pflegt ("ich hätte viel mehr machen können/müssen; ich bin noch nicht sicher genug" usw. usf.). :wink:

Schönen Abend noch und liebe Grüße
Judith
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pinkpanther
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Eingeloggt zu bleiben, ist allem Anschein nach nicht jedermanns Sache. Der Beitrag eben war von mir... :roll:
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