Seite 1 von 1

Staatl. geprüfter Übersetzer: viele Fragen

Verfasst: 06.02.07 10:46
von Gaudimax
Ich interessiere mich für den Fernlehrgang zum staatlich geprüften Übersetzer in Englisch und habe einige Fragen.

- zum Eingangstest:
Auf der Akad-Seite heißt es: "Ihre Englischkenntnisse weisen Sie durch einen bestandenen Eingangstest, den Sie an allen AKAD-Standorten schreiben können, oder durch Fremdsprachenkenntnisse auf dem Niveau der ALTE 4/GER C1 nach."
Heißt das, dass ich durch die Vorlage meines CPE (ALTE 5/GERC2) vom Eingangstest befreit bin?

- Euren/Ihren vergangenen Beiträgen entnehme ich, dass sich die Ausbildung fast vollständig auf den Bereich Wirtschaft konzentriert.
Dieser liegt mir nun überhaupt nicht, ich bin promovierte Geisteswissenschaftlerin (und arbeite als freie Autorin, Uni-Lehrbauftragte und Lektorin mit intensivem Kontakt nach England). Daher meine Fragen: Ist diese Ausbildung sinnvoll, wenn ich mich auf andere Bereiche konzentrieren will? Inwieweit sind die Kenntnisse und Übersetzungstechniken, die vermittelt werden, auf andere Bereiche übertragbar?
Gibt es jemanden unter Euch, der nach der Ausbildung erfolgreich einen anderen Prüfungsschwerpunkt gewählt hat oder dies vorhat?

Der AKAD-Lehrgang scheint mir der einzige Weg zu sein, mich nebenberuflich zur Übersetzerin ausbilden zu lassen. Dieser Fokus auf Wirtschaft liegt mir aber doch sehr im Magen...

Ich würde mich sehr über einige Antworten freuen!

Verfasst: 06.02.07 19:51
von Gabi K.
Hallo Gaudimax,

auch ich habe die Übersetzer-Ausbildung bei Akad durchlaufen, allerdings in Italienisch.

Da auch ich eher zu anderen Fachgebieten wie z.B. Geistes- oder Naturwissenschaften neige, habe ich mich im Anschluss an die Akad-Ausbildung auf eigene Regie, mithilfe einer Dozentin des Sprachen- und Dolmetscher-Instituts München, in anderen Fachgebieten weitergebildet und mich jetzt für die Akademische Fachübersetzerprüfung an der HfWU (Staatl. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen) mit den Schwerpunkten "Wirtschaft" und "Geisteswissenschaften" angemeldet. Diese externe (!) akademische Aufbauprüfung zum Fachübersetzer ist mit Sicherheit höherwertiger einzustufen als jede Staatliche Prüfung. Nach bestandenem Examen verleiht die HfWU den Titel "Akademisch geprüfte Fachübersetzerin Englisch (HfWU) Fachrichtung Wirtschaft und ......". Eine Ausbildung bzw. Prüfungsvorbereitung findet nicht statt; es ist – wie gesagt – eine Externenprüfung auf der Grundlage einer bereits absolvierten Übersetzer-Fachausbildung bzw. einer langjährigen (!) nachweisbaren Schwerpunktpraxis im Übersetzen schwieriger Texte. Diese Prüfung ist übrigens in Zusammenarbeit mit dem BDÜ konzipiert worden.

Für diesen Abschluss werden Kenntnisse in zwei Fachgebieten (Wirtschaft und noch ein weiteres, frei wählbares Gebiet wie Recht, Technik, Geistes- oder Naturwissenschaften) benötigt, was mir durchaus sinnvoll erscheint, denn auch in der Praxis hat man es mit den verschiedensten Fachrichtungen zu tun.

Um allerdings die Zulassung zu der o.g. Prüfung oder auch zu einer Staatlichen Prüfung zu bekommen, kommt man um das Fernstudium bei Akad mit dem Fachgebiet Wirtschaft kaum herum, Akad ist auf diesem Gebiet der einzige Anbieter.

Die bei Akad vermittelten Übersetzungstechniken sind in jedem Fall auch auf andere Fachgebiete übertragbar.

Wenn Du noch weitere Fragen hast, wende Dich doch bitte an Herrn Senator Skrabal von der Hochschule Nürtingen-Geislingen (siehe Profil Skrabal). Er kann Dir sicher weitere Fragen beantworten.

Ob Du aufgrund Deiner Vorkenntnisse vom Akad-Eingangstest befreit bist, darüber kann man Dir sicherlich bei Akad selbst Auskunft geben.

Ich wünsche Dir noch viel Erfolg bei Deinem Studium.
LG, Gabi

Re: Staatl. geprüfter Übersetzer: viele Fragen

Verfasst: 07.02.07 08:38
von -Christian-
Hallo Gaudimax,

wenn Du einen vernünftigen, anerkannten Abschluss als Übersetzerin anstrebst, kommen m. E. nur folgende Prüfungen in Betracht:

1. Dipl.-Übersetzerin
Diese Option scheidet aus, da Du Dich nebenberuflich zur Übersetzerin ausbilden lassen möchtest. Nebenberuflich kann man sich meines Wissens nicht auf diese Prüfung vorbereiten.

2. Dipl.-Wirtschaftsübersetzerin
Auch diese Option scheidet aus. Die Ausbildung wird zwar als Fernstudium von der AKAD angeboten, aber das Studium ist sehr "wirtschaftslastig".

3. Geprüfte Übersetzerin IHK
Diese Option scheidet ebenfalls aus, da sich auch bei dieser Prüfung alles um das Thema Wirtschaft dreht.

4. Staatl. geprüfte Übersetzerin
Das ist m. E. die einzig sinnvolle Prüfung für Dich. Die AKAD versuchte bis vor einigen Jahren, neben Wirtschaft auch Kenntnisse in anderen Fachgebieten zu vermitteln, was heute leider nicht mehr der Fall ist. Zwar könntest Du auch hier nicht das Fachgebiet Wirtschaft "abwählen", aber es besteht natürlich die Möglichkeit, in der staatlichen Prüfung ein anderes Fachgebiet zu wählen. Voraussetzung hierfür sind fundierte Fachkenntnisse sowohl in der Ziel- als auch in der Ausgangssprache. Deinem Beitrag entnehme ich, dass Du über diese Kenntnisse verfügst.

Es würde sich also in Deinem Fall durchaus lohnen, sich bei der AKAD im Fernstudium auf die staatliche Übersetzerprüfung vorzubereiten.

In Deutschland werden auch noch andere Übersetzerprüfungen angeboten, die allerdings ein Schattendasein fristen und bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielen, so dass es sich nicht lohnt, hierauf näher einzugehen.
Gaudimax hat geschrieben:Heißt das, dass ich durch die Vorlage meines CPE (ALTE 5/GERC2) vom Eingangstest befreit bin?
Mein CPE wurde damals von der AKAD anerkannt, so dass ich den Eingangstest nicht ablegen musste. Ob diese C2-Prüfung auch heute noch als Ersatz für den Eingangstest anerkannt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.
Gaudimax hat geschrieben:Gibt es jemanden unter Euch, der nach der Ausbildung erfolgreich einen anderen Prüfungsschwerpunkt gewählt hat oder dies vorhat?
Ich habe mich nach der Ausbildung für das Fachgebiet Wirtschaft entschieden, da ich als staatl. gepr. Fremdsprachenkorrespondent bereits "vorbelastet" war, was Wirtschaft anging. Allerdings kenne ich mehrere Kolleginnen und Kollegen, die nach der AKAD-Ausbildung erfolgreich die Prüfungen mit anderen Schwerpunkten abgelegt haben (Recht bzw. Technik).

Auf Grund Deiner fundierten Kenntnisse auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften sollte es für Dich kein Problem sein, die Übersetzerprüfung mit diesem Schwerpunkt zu bestehen.

Ich wünsche Dir schon heute viel Erfolg bei Deinem Vorhaben.

Viele Grüße
Christian

Verfasst: 08.02.07 09:38
von Gaudimax
Hallo Gabi und Christian, vielen Dank für Eure Beiträge, Ihr habt mir sehr geholfen!

Verfasst: 12.05.07 15:05
von immoburghardt
Gabi K. hat geschrieben:Hallo Gaudimax,

Diese externe (!) akademische Aufbauprüfung zum Fachübersetzer ist mit Sicherheit höherwertiger einzustufen als jede Staatliche Prüfung. Nach bestandenem Examen verleiht die HfWU den Titel "Akademisch geprüfte Fachübersetzerin Englisch (HfWU) Fachrichtung Wirtschaft und ......".LG, Gabi
Hallo,

ist das nun ein echter akademischer Abschluss ???

Akademisch?

Verfasst: 12.05.07 19:59
von Reinold Skrabal
Klartext: Die Ausbildungsinhalte der Abschlussrichtungen "Staatl. gepr., akademisch geprüfter bzw. diplomierter Übersetzer" unterscheiden sich in den translatorischen Kernkompetenzen und im Schwierigkeitsgrad eigentlich so gut wie nicht. Sobald der Absolvent bzw. die Absolventin jedoch grenzüberschreitend tätig wird, stellt er/sie fest, dass die gute alte deutsche Übersetzerprüfung an den staatlichen Prüfungsämtern der Kultusministerien in den meisten anderen Ländern lediglich als schulische Ausbildung gewertet wird, während ein akademischer Abschluss (welcher Art auch immer) die Marktakzeptanz und Außenwirkung im globalen Kontext erhöht, gefordert bzw. erwartet wird.

Dies war der eigentliche Grund für die Einführung dieser neuen externen Prüfung, nämlich eine praxisnahe und bedarfsgerechte Gestaltung der Prüfungsangebote, um die Anerkennung der Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern, die sonst zusätzlich vier bis fünf Jahre die Schulbank für einen akademischen Abschluss drücken müssten, dabei aber nichts Neues lernen, wenn sie im Beruf bereits erfolgreich tätig sind, im zunehmenden Wettbewerb aber ganz bewusst ihre Außenwirkung stärken wollen.

Wenn der Rektor einer Staatl. Hochschule einem bereits fachlich einschlägig vorgebildeten (staatl. gepr. Übersetzer/in) bzw. durch langjährige Praxis gleichgestellten Absolventen nach einer regulären achtteiligen akademischen, unter wissenschaftlicher Leitung stehenden Hochschulprüfung die berufsqualifizierende Bezeichnung eines akademisch geprüften Fachübersetzers zuerkennt, dann ist das eine Tatsache, die zu akzeptieren und nicht zu zerreden ist. Das führt zu nichts, obwohl es manchmal versucht wird. Man darf nicht vergessen, dass die deutschen Hochschulen seit einiger Zeit einen sehr weiten Gestaltungspielraum haben. Berufsentscheidend sind die tatsächlichen, durch Ausbildung und langjährige Praxis erlangten Fachkenntnisse und nicht der in acht Semestern glattgewetzte Hosenboden. Wie sagte doch so schön der äußerst erfolgreiche Börsenguru André Kostolany?
„Mein Uni-Diplom ist ein Fetzen Papier gegen das, was ich in der Praxis lernte?“

Der BDÜ – genauer gesagt die Vizepräsidentin - sieht das neue Angebot ebenfalls als längst überfälligen „Lückenfüller“ an und die Bundesaufnahmekommission des BDÜ und dessen Vorstand haben die Prüfung bereits vor längerer Zeit anerkannt. Die bisherigen Absolventen der neuen Prüfung, überwiegend staatl. gepr, Übersetzer/innen, darunter auch promovierte Spezialisten anderer Fachrichtungen (z.B. Chemie, Lehrfach, Belletristik), hatten außer ihrem Uni-Studium teilweise eine mehr als zehnjährige Ü-Praxis hinter sich und waren nicht bereit, nochmals acht Semester zu opfern, um für 12000 Euro genau das zu lernen, was sie bereits können! Und vergessen Sie nicht, dass dieses Prüfungsangebot z.B. für die italienische Sprache für viele Kandidatinnen und Kandidaten eine langersehnte Hilfe darstellt. Wie lange wird es wohl dauern, bis die AKAD auch Französisch und Spanisch aus dem Programm nimmt?

Ob diese neue Prüfung von einigen wenigen theorieverliebten „Spezialisten“ nun als „echter, halbechter, eigentlich unechter oder nicht wirklich realer“ Abschluss gewertet wird, ist ein Streit um des Kaisers Bart. Die Absolventen jedenfalls waren mit der Akzeptanz am Markt (vor allem auf ausländischen Märkten) sehr zufrieden! Das allein zählt – und schon bereiten sich wieder neue Kandidaten auf die Prüfung vor, teilweise mit begeisterten Kommentaren. Auch mit deutschen Akademien haben wir bereits Kooperationsverträge geschlossen. Noch Fragen, Kienzle?

Ich bitte deshalb ausdrücklich um eine einigermaßen sachliche Diskussion, alles andere führt zu nichts. Wie sagt doch ein altes Sprichwort? Nichts ist überzeugender als der Erfolg!

Vielen Dank und LG
Senator E.h. Univ.-Lektor Reinold Skrabal, Lehrbeauftragter HfWU
Vorsitzender der akademischen Prüfungsausschüsse für fremdsprachliche Wirtschaftskorrespondenten, Fachübersetzer und Außenwirtschaftsreferenten HfWU

Re: Akademisch?

Verfasst: 13.05.07 06:44
von immoburghardt
Reinold Skrabal hat geschrieben: Wie lange wird es wohl dauern, bis die AKAD auch Französisch und Spanisch aus dem Programm nimmt?
Ich hoffe nicht so bald, viele befürchten es weil Italienisch bereits
gekippt wurde und der neue Bachelor Business Communication
auf Englisch setzt(Fran. oder Spanisch sind allenfalls Nebenfächer).

Alterntiven sind daher eine prima Sache.

Wenn ich es nun verstanden habe ist der vom Senator Skrabal
kein Hochschulabschluss im klassischen Sinne ?

Ich meine es ist eigentlich egal ob es ein Hochschulabschluss ist
oder ein privat entwickelter Abschluss : das entscheidene ist was man lernt und wie der Abschluss dann in der Wirtschaft anerkannt ist.

Ich halte es für gut das Hochschulen aber auch Privatschulen
eigene Lehrgänge entwickeln, das haben wir in europ. Nachbarländern
schon lange.

Daher begrüße ich diese Ausbildung sehr, sie stellt eine
gute Alternative da.

Mich würde nun noch interessieren ob die diversen Lehrgänge
auf der Seite von Herrn Skrabal auch als reine Fernlehrgänge
ausgelegt sind ??? Ist für mich nicht klar.

beste Gruesse aus Belgien

Akademische Abschlüsse

Verfasst: 13.05.07 09:35
von Reinold Skrabal
Hallo Immo,

ich gebe zu, die neuen Abschlüsse sind für deutsche Verhältnisse gewöhnungsbedürftig.

Es finden weder Fernlehrgänge noch Schulungen bzw. Vorbereitungskurse statt. Anfänger werden jedoch nicht zur Prüfung zugelassen, sondern ausschließlich Personen, die bereits eine staatliche oder öffentlich-rechtliche Ü-Prüfung absolviert haben oder eine durch Arbeitgeberzeugnisse belegte, mehrjährige einschlägige Vollzeit-Berufstätigkeit im translatorischen Bereich nachweisen können. Warum auch sollte man die in der Praxis gereiften Kolleginnen und Kollegen von dieser Möglichkeit ausschließen? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fordert schon seit Jahren eine erhöhte Transparenz zwischen Theorie und Praxis (ich verweise diesbezüglich auf das hervorragend organisierte und außerordentlich erfolgreiche australische Bildungssystem, das so verkrustete Strukturen wie in Deutschland nicht kennt). Die Kandidaten werden übrigens ausdrücklich auf den hohen Schwierigkeitsgrad und insbesondere auf die Beherrschung der Ü-Technik hingewiesen.

Wir geben allerdings konkrete Tipps zur Prüfungsvorbereitung mit sprachvergleichenden Fachtexten, was sich sehr bewährt hat. Die gesamte Prüfungsabwicklung unterscheidet sich ansonsten in keiner Weise von den staatlichen und sonstigen akademischen Abschlüssen. Es ist auch kein „privater“, sondern explizit ein akademischer Abschluss mit Hochschulsiegel auf der Prüfungsurkunde und einer regulären Prüfungsordnung, die an Klarheit und Ausführlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt und von unseren Juristen geprüft wurde.

Bei der Fachgebietswahl gehen wir zudem näher auf praktische Gegebenheiten ein. Wer sich z.B. ausschließlich für Medizin oder Chemie interessiert, kann bei den bisher üblichen Prüfungen nur pauschal das Fachgebiet „Naturwissenschaften“ wählen und bekommt dann unter Umständen einen für ihn (männliche gleich weiblicher Form) völlig anderen Fachtext aus diesem weiten Gebiet vorgesetzt. Nicht so bei uns! Auch das ist gelebte Praxis.

Die Hochschule (derzeit 4000 Studierende mit 22 Bachelor- und Masterabschlüssen) bat mich aus Platzgründen, die gesamten Infos zu diesen neuen Abschlüssen auf meiner Website zu platzieren. Schließlich bin ich ja schon 15 Jahre „bei der Truppe“ und übernehme auch die gesamte Beratung. Der Hochschullink www.hfwu.de/weiterbildung/kurse/sp_auto_20193.shtml verweist auf meine Website.

Im Übrigen musste ich für die Funktion des Vorsitzenden der akademischen Prüfungsausschüsse für fremdsprachliche Wirtschaftskorrespondenten, Fachübersetzer und Außenwirtschaftsreferenten eine mehrjährige wissenschaftliche Tätigkeit (Univ.!) und ferner die pädagogische Eignung in Form eines pädagogischen Gutachtens einer Universität nachweisen.

Ich hoffe, alles Wissenswerte ist erschöpfend beantwortet worden.

LG, Reinold Skrabal