Hallo Muskan, Reinold und marcomondavi!
Also, wenn nur die Diplom-Übersetzer z.B. Patentschriften übersetzen "dürfen" bzw. nur sie es offiziell tun, dann habe ich wohl die letzten zwei Jahre das Dasein eines nicht-existenten Geistes geführt [
ich bin der Geist, der stets verneint, von daher trifft es ja immerhin zu

]: ich bin - wenn man von der Beschreibung ausgeht, die du, Muskan, hier reingesetzt hast - "nur" staatlich geprüft, übersetze aber im Rahmen genau dieses Abschlusses bereits seit einiger Zeit unter anderem (hauptsächlich!) Patentschriften.
Gerade auch die fachbereichsbezogenen Sachkenntnisse und das Sprachverständnis lassen sich nicht nur einem Zweig zuschreiben. Ich als staatlich geprüfte Übersetzerin muß mich genauso in ein neues Thema einarbeiten wie ein Diplom-Übersetzer.
Ob das nun bei mir oder bei ihm schneller geht, hängt nicht mit der beruflichen Qualifikation, d.h. dem Abschluß, zusammen, sondern u.a. mit den persönlichen Voraussetzungen, wie beispielsweise Auffassungsgabe und/oder Flexibilität. Diese Eigenschaften lassen sich auch durch die beste Ausbildung nicht beeinflussen oder vermitteln: entweder man hat sie oder man hat sie nicht.
Und es hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, daß man Spaß an seiner Arbeit hat; hast du einen Text vor dir liegen, der dir nicht liegt und bei dem du zudem vielleicht noch unter Zeitdruck stehst, dann wird die Sache weniger schnell gehen, als wenn es ein Text aus einem Bereich ist, der dich interessiert und dir Spaß macht. Ganz zu schweigen davon, wie schnell dir ein "guter" Text von der Hand gehen kann, wenn du mal drin bist.
"Sprachmittler" sind sie beide; schließlich bedeutet der Begriff des Sprachmittlers, daß der/die Betreffende zwischen zwei Sprachen "vermittelt", d.h. die eine in die andere überträgt und umgekehrt. Und dazu sind sie aufgrund ihrer Ausbildung beide befähigt.
Dem zu übersetzenden Text ist es darüber hinaus egal, ob derjenige, der ihn übersetzen wird, nun ein Diplom oder einen staatlichen Abschluß hat - solange er seine Sache nur gut macht. Und gute Leute gibt es auf beiden Seiten, ebenso wie es auf beiden Seiten "schlechte" Leute gibt. Das ist ganz einfach überall so, und der Beruf des Übersetzers bildet da keine Ausnahme.
Somit kann ich das von dir, Reinold, Gesagte nur unterschreiben, auch wenn ich nicht freiberuflich tätig bin, sondern mich im festen Angestelltenverhältnis befinde.
Zu der Sache mit dem Dolmetschen kann ich leider gar nichts sagen. Meine Sprachrichtung ist DE<>EN, und da heutzutage so ziemlich jeder Englisch kann (oder das zumindest meint - aber Grundkenntnisse haben wirklich fast alle), mußte ich das noch nicht einsetzen. Ich denke aber, daß auch hier auf keinen Fall eine Grenze zwischen den zwei Abschlüssen zu ziehen ist.
Fazit: Es handelt sich bei beiden prinzipiell um ein- und denselben Beruf, nur die Bezeichnung des Berufsabschlusses ist eine andere.
Viele Grüße und noch einen schönen Sonntagabend!
Judith