Hallo Marianne!
Englisch und Französisch fließend zu sprechen, ist schon mal eine gute Voraussetzung für ein Übersetzerstudium, wenn du gleichzeitig ein gutes Sprachgefühl mitbringst. Aber das scheint der Fall zu sein, da du ja schreibst, daß du während deines Studiums festgestellt hast, daß dir das Übersetzen Spaß macht. Und dein Betriebswirt würde sich in Kombination mit einem staatl. gepr. Übersetzer sicher auch sehr gut machen, weil das deinen späteren Kunden zeigt, daß du nicht nur der kleine Übersetzer bist, sondern einfach mehr auf dem Kasten hast und das quasi schriftlich nachweisen kannst.
Bei der AKAD kannst du im Studiengang zum staatl. gepr. Übersetzer nur eine Sprache studieren. Aber es gibt die Möglichkeit, zwei Sprachen parallel zu studieren. So hat es einer meiner Mitstudenten auch gemacht, der gleichzeitig den Studiengang staatl. gepr. Übersetzer für Englisch und für Spanisch belegt hat. Ob es da eine Art Rabatt gibt, weiß ich nicht, ich denke aber, daß er beide Studiengänge voll bezahlen mußte.
Er hatte lediglich den Vorteil, daß er die Module, die für beide Sprachen identisch sind, z.B. "deutsche Sprache" oder "Landeskunde Deutschland", wie es in einem der Antwortbeiträge zu lesen ist, nur einmal zu belegen brauchte.
Leider weiß ich nicht, was aus ihm geworden ist und ob er die Prüfung überhaupt bestanden hat. Das letzte Mal habe ich ihn im letzten Jahr am zweiten Tag der schriftlichen Prüfung in Karlsruhe gesehen.
Wenn du dich für diesen Weg entscheiden solltest, zwei Studiengänge für zwei Sprachen gleichzeitig zu belegen, solltest du dir allerdings darüber im Klaren sein, daß da ein riesiger Berg an Arbeit auf dich zukommt.
Wenn du wie ich "nebenher" Vollzeit arbeitest, solltest du vielleicht lieber nur mit einer Sprache anfangen und mit der zweiten dann nachziehen. Alles andere wäre unrealistisch!
Zugegeben, ich gehöre zu denen, die einen Vollzeitjob haben und es trotzdem in den "vorgegebenen" zwei Jahren geschafft haben. Das liegt allerdings nur daran, daß ich mich zu einer Zeit angemeldet habe, als gerade die Umstellung vom alten, nicht-modularen System auf das modulare System vonstatten ging. So hatte ich die Möglichkeit, noch nach dem alten System zu bezahlen (die Hälfte der heutigen Gebühren!), aber nach dem neuen System zu studieren. Und ein weiterer Vorteil bestand darin, daß ich als sogenannte "Wechslerin" nur sechs von den ich-weiß-nicht-wievielen Pflichtseminaren besuchen mußte.
Wäre das alles nicht gewesen, so hätte ich es niemals in den zwei Jahren schaffen können, das muß ich ganz ehrlich sagen.
Ehe du deine Entscheidung triffst, sollte dir auch klar sein, daß du einen großen Teil deines Jahresurlaubs für Seminare wirst einsetzen müssen und daß sehr viel Arbeit auf dich zukommt, selbst wenn du die Sprache(n) fließend sprichst. Das Ganze ist nämlich auch bei einem großen Sprachtalent, dem Sprachen ansonsten einfach "zufliegen", alles andere als ein Spaziergang. Die AKAD hat da eine gewisse Meßlatte, die mitunter sehr hoch hängt. Und das gerade bei Englisch.
Jeder "kann" Englisch und deshalb meint auch jeder, übersetzen zu können. Deshalb muß die AKAD ihre Meßlatte geradezu zu hoch hängen, um ein gewisses Niveau zu erzielen und aufrechtzuerhalten. Gerade bei Englisch wird einiges gefordert. Das ist auch mir erst so im Nachhinein bewußt geworden. Bei den anderen Sprachen sind die Anforderungen, soweit ich das mitbekommen habe, auch hoch, aber nicht so hoch wie bei der englischen Sprache.
Bei manchen Seminaren und den abschließenden Klausuren mag bei manchen Studierenden sogar der Eindruck entstehen, als würde da eine Art "Selektion" betrieben, um nur die Durchhaltewilligsten und -kräftigsten herauszusieben und diese bis zum Schluß mit durchzuziehen. So haben es mir einige Bekannte unabhängig voneinander geschildert, die sich ebenfalls gerade noch durch den Studiengang zum Übersetzer kämpfen.
Aber die AKAD ist nun einmal die einzige Institution, die den Studiengang zum staatl. gepr. Übersetzer im Fernstudium anbietet.
Eine andere Möglichkeit besteht meines Wissens darin, sich direkt zu der Prüfung in Karlsruhe (oder wo auch immer, z.B. Darmstadt oder Saarbrücken) anzumelden. Ich glaube aber, daß du dann einschlägige Nachweise über eine entsprechende Ausbildung brauchst. Und aus dem, was du geschrieben hast, schließe ich, daß du das nicht vorhast, sondern die Übersetzungstechnik und all das andere vorher "richtig" studieren möchtest. Was ich auch nach eigener Erfahrung für sehr sinnvoll halte.
Ich habe früher auch schon Übersetzungen gemacht, ehe ich überhaupt an ein solches Studium gedacht habe. Aber jetzt, wo ich das alles hinter mir und die Prüfung erfolgreich bestanden habe, sehe ich, daß ich doch vieles von dem, was fürs Übersetzen wirklich essentiell ist und eigentlich zu den Grundkenntnissen gehört, einfach nicht wußte. Und, ganz ehrlich, im Nachhinein erschreckt mich das fast ein wenig. Weil das Übersetzen schon ein wichtiger Bestandteil meiner Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin war und auch am Schluß mit geprüft wurde. Im Vergleich zu dem, was ich in diesen zwei Jahren gelernt habe, wußte ich vorher erbärmlich wenig.
Gerade auch deshalb finde ich es gut, wenn man sich nicht einfach zu einer solchen Prüfung anmeldet, sondern sich das notwendige Wissen vorher aneignet.
Wenn du das wirklich willst, wird dich meine Ehrlichkeit nicht abschrecken können, das weiß ich, sonst hätte ich das jetzt nicht so offen geschrieben.
Aber du solltest dir wirklich überlegen, ob du es dir antun willst, zwei Sprachen gleichzeitig zu studieren, auch wenn du meinst, das nötige Rüstzeug in Form von Ausdauer, Disziplin und Durchhaltevermögen sowie Sprachtalent mitzubringen. Das ist nur ein kleiner Tip aus meiner eigenen Erfahrung.
Und was noch wichtig wäre - selbst nach bestandener Übersetzerprüfung bist du noch lange nicht so weit, gleich von zu Hause aus arbeiten zu können. Aller Anfang ist schwer, und das gerade als Übersetzerin. Denk nur mal daran, wie groß die Konkurrenz ist! Du hast durch deinen Betriebswirt und fließende Sprachkenntnisse sicher einen Bonuspunkt, aber das muß nicht unbedingt heißen, daß dir dann auch Kunden zufliegen. Ich denke, daß du das auch selbst weißt, dennoch wollte ich das hier gern noch anbringen.
Ich habe im Rahmen meiner derzeitigen Beschäftigung hin und wieder Gelegenheit zum Übersetzen, so daß ich nicht ganz rauskomme, bis ich das nötige Rüstzeug für eine Selbständigkeit beisammen habe, aber es ist unheimlich schwer, in diesem Berufsfeld als Einsteiger überhaupt erstmal ein Bein auf den Boden zu bekommen.
Wenn du dich für ein solches Studium, vielleicht sogar wirklich zwei Sprachen gleichzeitig, entscheiden solltest, wünsche ich dir das nötige Durchhaltevermögen, viel Ausdauer und natürlich auch viel Glück! Was natürlich auch für das Vorhaben mit der Selbständigkeit gilt.
Schreib doch bei Gelegenheit, wie deine Entscheidung ausgefallen ist und welcher Art deine Erfahrungen so waren!
Viele Grüße
Judith