Berufsbild Übersetzer
Verfasst: 10.03.05 06:43
Berufsbild Übersetzer
Zunächst zur oft gestellten Frage: Was bringt höhere Anerkennung: Der staatliche oder der akademische Titel?
Und überhaupt: Was erwartet mich in diesem Beruf? Welche Anforderungen soll/muss ich erfüllen? Lohnt es sich?
Nach langjähriger Erfahrung und Marktbeobachtung meine ich, dass beide Abschlüsse hinsichtlich ihrer Außenwirkung jeweils aussagekräftig genug sind und sich allenfalls durch die Höhe der Theorieanteile unterscheiden. Die profilbildende Kernkompetenz ist in beiden Fällen gegeben, wobei die Grundlagen und Kenntnisse im Fach „Sprach- und Übersetzungswissenschaft“ im akademischen Präsenzuntericht eingehender vermittelt werden. Ansonsten unterscheiden sich die Prüfungsanforderungen in den Kernfächern Übersetzen und Dolmetschen im Schwierigkeitsgrad in keiner Weise und erfolglose Prüflinge bzw. Abbrecher im akademischen Bereich erleben in der Hoffnung auf leichtere Prüfungserfolge in der staatl. Prüfung ihr zweites Waterloo.
Anerkennung erwächst aus Leistung und Erfolg am Markt hängt einzig und allein vom sprachlichen und fachlichen Können ab, gepaart mit der in der Praxis Ausschlag gebenden und außerordentlich wichtigen Fähigkeit (und Fertigkeit!), Kunden zu gewinnen und durch qualifizierte Leistungen zu erhalten, weshalb die ersten fünf Jahre nach der Ausbildung für angehende Freiberufler oft zu einer nervlichen und finanziellen Belastungsprobe werden. Aus diesem Grund ist den AbsolventInnen – falls machbar - zu einer nebenberuflichen Anlaufphase von mehreren Jahren aus gesicherter Position zu raten, wobei diese Anlaufphase auf Grund individueller Umstände natürlich auch v o r der Abschlussprüfung liegen kann.
Die zu wählende Ausbildungsrichtung hängt wesentlich von persönlichen und beruflichen Umständen und Zielsetzungen ab. Auch die örtliche Entfernung zur nächsten Fachakademie oder Uni spielt eine wichtige Rolle. Auf Grund der Markt- und Bewerbersituation rechnen sich manche größere Chancen mit der Hochschulausbildung aus, wobei hier zwischen dem achtsemestrigen Präsenzstudium an den wissenschaftlichen Hochschulen (Germersheim, Heidelberg, Saarbrücken, Hildesheim, Leipzig, Düsseldorf, Berlin etc.) oder an einer Hochschule wie in Köln mit einem Vollstudium von zwei Fremdsprachen einerseits und einem Fernstudium mit nur einer Fremdsprache (Akad) andererseits zu unterscheiden ist. Die im Fernunterricht gewählte Nebensprache ist nur eine Art schmückende Beilage ohne großen berufspraktischen Wert und auch die an der Uni belegte Zweitsprache kommt meist nicht an die Ausbildungs- und Prüfungstiefe der Hauptsprache heran. Das Fernstudium ist jedoch eine sehr gute und empfehlenswerte Alternative für diejenigen, die ihre Berufstätigkeit zugunsten eines Präsenzstudiums nicht unterbrechen wollen, aber ganz gezielt einen akademischen Grad anstreben. Letzterer bietet in manchen Fällen unbestreitbare Startvorteile, z.B. wenn eine Tätigkeit bei bestimmten nationalen oder internationalen Organisationen angestrebt wird, ist aber keine Erfolgsgarantie, weil die Bewerberzahlen hoch sind und manchmal auch noch spezielle Eignungsprüfungen gefordert werden.
Interessierte, die bereits „Stallgeruch“, also eine mehrjährige Berufserfahrung in der freien Wirtschaft (idealerweise auch im industriellen Bereich) und somit einen geschärften Blick für berufliche Realitäten und fachliche Anforderungen haben, auf die Theorieanteile der Hochschulausbildung bewusst verzichten, mit Mathematik nichts am Hut haben und aus jahrlanger Erfahrung den sehr feinen Unterschied zwischen oberflächlich angelernten BWL-Kenntnissen und hart praxisorientiertem kaufmännischem (!) Know-how kennen, wählen andererseits gern den Weg zum „staatl. gepr. Übersetzer“ im Präsenzstudium an einer Fachschule bzw. Fachakademie (z.B. am renommierten SDI in München) oder per Fernunterricht bei der AKAD (Englisch, Französisch und Spanisch), die seit vielen Jahren erfolgreich auf die staatliche Übersetzerprüfung im Fernstudium vorbereitet und als einziges Fernlehrinstitut in Deutschland diese Möglichkeit bietet. Der überwiegend theoretische Schnickschnack der BWL- und VWL-Anteile etc. im akademischen Ü-Studiengang (viel heiße Luft!!!) ist mit einem grundständigen achtsemestrigen BWL-Studium ohnehin nicht im Entferntesten zu vergleichen (und wurde mir von einer Absolventin <März 05> erneut eindringlich bestätigt!), und die wissenschaftliche Erkenntnis der Bildungsforscher, dass diese Kenntnisse nach drei bis fünf Jahren (der so genannten „Halbwertzeit der Diplome“) sowieso veraltet sind, hat sich inzwischen herumgesprochen und wird auch von den Theorieverliebten spätestens in der Praxis bewusst wahrgenommen. Die Staatsprüfung (wie sie in Bayern genannt wird) ist auf der Grundlage der Kultusministerkonferenz von 1954 und nachfolgender Änderungen im gesamten Bundesgebiet anerkannt, die Prüfungsurkunden werden vom jeweiligen Kultusministerium (in Baden-Württemberg vom Oberschulamt) ausgestellt.
Und dann stellen sich natürlich auch die Fragen „Abschluss in einer oder zwei Fremdsprachen“ und „welche Sprachen sind am Markt gefragt“? Tatsache ist, dass die Chancen mit zwei am Markt stark vertretenen Fremdsprachen speziell bei Freiberuflern steigen, wobei zu beachten ist, dass die sprachlichen Voraussetzungen in beiden Sprachen keine Unterschiede in der Ausbildungstiefe dulden. Sehr gute Englischkenntnisse und „leidlich Französisch“ etc. – das funktioniert nicht. Die sprachlich erfahrungsgemäß oft unbedarften Auftraggeber machen solche Unterschiede nicht. Sie gehen grundsätzlich davon aus, dass der Sprachmittler die von ihm angebotenen Sprachen (und Fachgebiete) alle gleich gut beherrscht. Ansonsten spricht nichts dagegen, die Prüfung in nur einer Sprache (der „Lieblingssprache“) abzulegen.
Englisch und ...? Der Pressesprecher der Allgaier Werke in Uhingen (Maschinen-, Geräte- und Anlagenhersteller mit weltweitem Export) sagt dazu (O-Ton): „Wer im Vertriebsbereich eingesetzt ist, muss auf Grund der weltweiten Kontakte außer Englisch noch weitere Sprachen verhandlungssicher beherrschen. Französisch, Spanisch und Italienisch sind dabei von Bedeutung“. Speziell für den fremdsprachlichen und kaufmännischen Einsatz im Vertrieb eignet sich übrigens der weithin unbekannte IHK-Abschluss „Fremdsprachenkaufmann“ (50 % BWL/Management-/Export-Know-how und 50 % vertiefte Wirtschaftssprachenkenntnisse inkl. Dolmetschen) weit mehr als die Übersetzerausbildung, da der Fremdsprachenkaufmann die Auslandskunden vom Erstkontakt bis zum Vertragsabschluss einschl. der Nachsorge betreut und Chancen für eine gehobene Stellung (Gruppenleiter, Exportleiter) im Auslandsvertrieb bietet. Diese früher auch von der AKAD angebotene Ausbildung wurde aber aus dem Programm genommen, weil die meisten Kandidaten nicht über die geforderte mehrjährige kaufmännische Praxis im Auslandsvertrieb verfügten und die Durchfallquoten höher als bei der Ü-Prüfung waren.
Praxiserfahrenen Insidern ist ferner aus eigener Erfahrung bekannt, dass das im Rahmen der staatlichen und akademischen Übersetzerausbildung gelehrte Sachfach „deutsche und fremdsprachliche Handels- bzw. Wirtschaftskorrespondenz“ ein müder Abglanz bzw. eine unbefriedigende Pflichtübung bzw. Schnellbleiche gegenüber dem grundständigen Abschluss „staatl. gepr. Fremdsprachen- bzw. Wirtschaftskorrespondent“ ist und nicht einmal an das Niveau der diesbezüglichen IHK-Abschlüsse heranreicht. Diese Aussage basiert auf langjähriger Beobachtung sowohl des dünnen und inhaltlich unbefriedigenden Lehrmaterials im Fernunterricht (FU) und an den Unis und der mageren Kenntnisse der Absolventen. Insbesondere die an einer (bayerischen) Fachakademie oder an einer sonstigen Fachschule (die diesen Namen verdient) in einer eigenständigen Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse (Im- und Export, Außenwirtschaft etc. mit ca. 8 Prüfungsfächern) bilden eine überaus wertvolle Grundlage für das anschließende Ü-Studium und die späteren praktischen Anforderungen (ob freiberuflich oder im Angestelltenverhältnis).
A propos Fachgebiete: In mindestens einem Fachgebiet – besser in zwei - sollten vertiefte sprachliche und sachliche Kenntnisse vorliegen (vorzugsweise Technik, Recht, Wirtschaft, Urkunden) sowie die Bereitschaft, sich gegebenenfalls in weitere Teilgebiete einzuarbeiten. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe früher sehr viel für die Industrie gedolmetscht, speziell in den Bereichen Maschinenbau und Automobilbereich, stieß aber schnell an meine Grenzen, als es galt, den Ablauf mehrtägiger, komplizierter Lieferantenaudits in Großbetrieben im technischen und im Umweltbereich einschl. schriftlicher Berichte zu dolmetschen bzw. zu übersetzen. Die nötigen Fachkenntnisse hierfür habe ich mir deshalb berufsbegleitend in je einem Semester (jeweils Freitag Nachmittag und Samstag) am renommierten Zentrum für Weiterbildung und Wissenstranfer der Univ. Augsburg bei Prof. Dr. Bernd Wagner angeeignet und erst dadurch einen tiefen Einblick in die Materie gewonnen. Mit den nach den freiwilligen und jeweils mehrstündigen Abschlussklausuren erlangten Uni-Zertifikaten („Qualitäts- und Umwelt-Management“) konnte ich weitere Kunden gewinnen und war plötzlich nicht mehr nur „der Dolmetscher“, sondern „der Herr Kollege Umweltbetriebsprüfer und Qualitätsmanager, der uns sprachlich unterstützt“ (!). Die damals investierten 4500 DM haben sich sehr schnell bezahlt gemacht und die erworbenen Kenntnisse waren auch in anderen Bereichen sehr nützlich und sind es heute noch. Sie haben meine Einstellung zum Qualitätsgedanken tief beeinflusst und geprägt, auch in der akademischen Lehre.
Deshalb meine Bitte an den Nachwuchs, sich auch n a c h der rein sprachlichen Ausbildung ständig fortzubilden, denn der in der Praxis nicht sehr angesehene Nur-Übersetzer hat in Ingenieuren, Betriebswirten und Kaufleuten mit langjähriger Praxis, sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie einem hoch entwickelten, leider immer seltener zu beobachtenden Sprachgefühl, Ausdrucks- und Formulierungsvermögen auch in der deutschen (!!!) Sprache, eine ernst zu nehmende Konkurrenz und hebt mit überzeugendem fachlichen Know-how seinen Akzeptanzgrad am hart umkämpften Sprachenmarkt. Mit derlei Rüstzeug ausgestattete und dazu auch noch akquisitorisch begabte KollegInnen haben es nicht nötig, sich auf ewige Zeit und für ein Spottgeld bei so genannten Übersetzungsagenturen zu verdingen. Sie arbeiten höchstens im Kollegenverbund und haben nach langjähriger erfolgreicher Praxis nur ein mildes Lächeln für haarspalterische Unterschiede zwischen „staatlich oder akademisch geprüft“ übrig. Prüfungsurkunden und Diplome sind zunächst nur Eingangsqualifikationen für Anfänger, nicht mehr und nicht weniger. Sie sagen wenig über das tatsächliche Können aus. Letzteres stellt sich ohnehin erst nach langjähriger Praxis ein und das größte Kompliment für das tatsächliche Können des Sprachmittlers ist die Mundwerbung von Privat-, Industrie- und Behördenkunden – und sogar von KollegInnen. Nach über 30-jähriger Berufserfahrung im Übersetzen und Dolmetschen muss ich feststellen, dass das „Hochjubeln“ der akademischen Ü-Ausbildung in keiner Weise gerechtfertigt ist und sogar von vielen AbsolventInnen nach einigen Praxisjahren rückblickend und angesichts der konkreten Anforderungen in der Praxis eher mit harschen Kommentaren belegt wird.
Und lohnt sich denn das Ganze auch? Lohnen sich die vielen einsamen Stunden und Jahre des Lernens und Büffelns, des Stocherns mit der Stange im Nebel der Ungewissheit und das viele investierte Geld? Da hilft wohl nur die alte Weisheit, die für alle Berufe, Projekte, Unternehmen und Tätigkeiten gilt: „Ich weiß nicht, ob ich etwas erreiche, wenn ich etwas tue. Ich weiß nur, dass ich nichts erreiche, wenn ich nichts tue.“ Auch unter den selbständigen Ü + D gibt es welche, die am Existenzminimum knabbern (kürzlich gestand mir ein Dipl.-Ing. und staatl. gepr. Ü in einer nicht gerade stark vertretenen europ. Sprache, er halte sich mit „1-Euro-Jobs“ über Wasser), andere wiederum (das gute Mittelfeld), die ganz gut durchkommen und ihre Frau bzw. ihren Mann stehen, und wiederum andere, die sich vor Aufträgen kaum retten können – wie eben in jedem Beruf, das muss man ganz nüchtern und sachlich sehen - und die jenseits aller klassischen Kenntnisse auch ganz bestimmte (vielleicht sogar angeborene) „Fähigkeiten“ und „Fertigkeiten“ besitzen, die ihnen helfen, sich am Markt besser durchzusetzen.
Und welchen Part wollen S i e in diesem Orchester später spielen? Für diejenigen, die noch Zweifel haben oder sich ganz grundsätzlich über das Berufsbild und die Licht- und Schattenseiten speziell der Selbständigkeit (und vieles andere mehr) informieren wollen, veranstalte ich jährlich einmal (an einem Samstag im Oktober) ein Tagesseminar in Esslingen bei Stuttgart in der Geschäftsstelle unseres Ü/D-Verbandes.
Der Umgang mit Sprachen ist einer der schönsten Berufe der Welt! Daran gibt es für leidenschaftliche Fremdsprachler nicht den geringsten Zweifel.
Viele Grüße aus der Praxis!
Reinold Skrabal
www.reinoldskrabal.de
Siehe auch folgende Beiträge:
- Zum Berufsbild des Übersetzers (10.09.04 - Reinold Skrabal)
- Prüfungszulassung ohne Fachausbildung (10.05.05 - R. Skrabal)
- Interview mit Prof. Dr. Bügner (13.05.05 - Buddel) mit Verweis auf den
ausführlichen, hochinteressanten Ausbildungsbericht einer Teilnehmerin
Ab sofort (Sept. 2005) gibt es n e u e , e x t e r n e (!), in enger Zusammenarbeit mit dem BDÜ entwickelte Prüfungsmöglichkeiten für Übersetzer(inn)en mit einem "akademischen Sprachenzeugnis", das die Außenwirkung verbessert und bezüglich der Wertigkeit in etwa die praxisorientierte Variante zur Diplom-, Bachelor- und Masterprüfung im translatorischen Bereich darstellt.
Eine Konkurrenz zu den Ausbildungsangeboten der AKAD besteht nicht, da der betreffende akademische Bildungsträger nicht ausbildet, sondern - wie gesagt - externe Prüfungsmöglichkeiten anbietet und hier eine bereits absolvierte Ausbildung oder langjährige Praxis voraussetzt.
Nähere Infos siehe obige Website.
Zunächst zur oft gestellten Frage: Was bringt höhere Anerkennung: Der staatliche oder der akademische Titel?
Und überhaupt: Was erwartet mich in diesem Beruf? Welche Anforderungen soll/muss ich erfüllen? Lohnt es sich?
Nach langjähriger Erfahrung und Marktbeobachtung meine ich, dass beide Abschlüsse hinsichtlich ihrer Außenwirkung jeweils aussagekräftig genug sind und sich allenfalls durch die Höhe der Theorieanteile unterscheiden. Die profilbildende Kernkompetenz ist in beiden Fällen gegeben, wobei die Grundlagen und Kenntnisse im Fach „Sprach- und Übersetzungswissenschaft“ im akademischen Präsenzuntericht eingehender vermittelt werden. Ansonsten unterscheiden sich die Prüfungsanforderungen in den Kernfächern Übersetzen und Dolmetschen im Schwierigkeitsgrad in keiner Weise und erfolglose Prüflinge bzw. Abbrecher im akademischen Bereich erleben in der Hoffnung auf leichtere Prüfungserfolge in der staatl. Prüfung ihr zweites Waterloo.
Anerkennung erwächst aus Leistung und Erfolg am Markt hängt einzig und allein vom sprachlichen und fachlichen Können ab, gepaart mit der in der Praxis Ausschlag gebenden und außerordentlich wichtigen Fähigkeit (und Fertigkeit!), Kunden zu gewinnen und durch qualifizierte Leistungen zu erhalten, weshalb die ersten fünf Jahre nach der Ausbildung für angehende Freiberufler oft zu einer nervlichen und finanziellen Belastungsprobe werden. Aus diesem Grund ist den AbsolventInnen – falls machbar - zu einer nebenberuflichen Anlaufphase von mehreren Jahren aus gesicherter Position zu raten, wobei diese Anlaufphase auf Grund individueller Umstände natürlich auch v o r der Abschlussprüfung liegen kann.
Die zu wählende Ausbildungsrichtung hängt wesentlich von persönlichen und beruflichen Umständen und Zielsetzungen ab. Auch die örtliche Entfernung zur nächsten Fachakademie oder Uni spielt eine wichtige Rolle. Auf Grund der Markt- und Bewerbersituation rechnen sich manche größere Chancen mit der Hochschulausbildung aus, wobei hier zwischen dem achtsemestrigen Präsenzstudium an den wissenschaftlichen Hochschulen (Germersheim, Heidelberg, Saarbrücken, Hildesheim, Leipzig, Düsseldorf, Berlin etc.) oder an einer Hochschule wie in Köln mit einem Vollstudium von zwei Fremdsprachen einerseits und einem Fernstudium mit nur einer Fremdsprache (Akad) andererseits zu unterscheiden ist. Die im Fernunterricht gewählte Nebensprache ist nur eine Art schmückende Beilage ohne großen berufspraktischen Wert und auch die an der Uni belegte Zweitsprache kommt meist nicht an die Ausbildungs- und Prüfungstiefe der Hauptsprache heran. Das Fernstudium ist jedoch eine sehr gute und empfehlenswerte Alternative für diejenigen, die ihre Berufstätigkeit zugunsten eines Präsenzstudiums nicht unterbrechen wollen, aber ganz gezielt einen akademischen Grad anstreben. Letzterer bietet in manchen Fällen unbestreitbare Startvorteile, z.B. wenn eine Tätigkeit bei bestimmten nationalen oder internationalen Organisationen angestrebt wird, ist aber keine Erfolgsgarantie, weil die Bewerberzahlen hoch sind und manchmal auch noch spezielle Eignungsprüfungen gefordert werden.
Interessierte, die bereits „Stallgeruch“, also eine mehrjährige Berufserfahrung in der freien Wirtschaft (idealerweise auch im industriellen Bereich) und somit einen geschärften Blick für berufliche Realitäten und fachliche Anforderungen haben, auf die Theorieanteile der Hochschulausbildung bewusst verzichten, mit Mathematik nichts am Hut haben und aus jahrlanger Erfahrung den sehr feinen Unterschied zwischen oberflächlich angelernten BWL-Kenntnissen und hart praxisorientiertem kaufmännischem (!) Know-how kennen, wählen andererseits gern den Weg zum „staatl. gepr. Übersetzer“ im Präsenzstudium an einer Fachschule bzw. Fachakademie (z.B. am renommierten SDI in München) oder per Fernunterricht bei der AKAD (Englisch, Französisch und Spanisch), die seit vielen Jahren erfolgreich auf die staatliche Übersetzerprüfung im Fernstudium vorbereitet und als einziges Fernlehrinstitut in Deutschland diese Möglichkeit bietet. Der überwiegend theoretische Schnickschnack der BWL- und VWL-Anteile etc. im akademischen Ü-Studiengang (viel heiße Luft!!!) ist mit einem grundständigen achtsemestrigen BWL-Studium ohnehin nicht im Entferntesten zu vergleichen (und wurde mir von einer Absolventin <März 05> erneut eindringlich bestätigt!), und die wissenschaftliche Erkenntnis der Bildungsforscher, dass diese Kenntnisse nach drei bis fünf Jahren (der so genannten „Halbwertzeit der Diplome“) sowieso veraltet sind, hat sich inzwischen herumgesprochen und wird auch von den Theorieverliebten spätestens in der Praxis bewusst wahrgenommen. Die Staatsprüfung (wie sie in Bayern genannt wird) ist auf der Grundlage der Kultusministerkonferenz von 1954 und nachfolgender Änderungen im gesamten Bundesgebiet anerkannt, die Prüfungsurkunden werden vom jeweiligen Kultusministerium (in Baden-Württemberg vom Oberschulamt) ausgestellt.
Und dann stellen sich natürlich auch die Fragen „Abschluss in einer oder zwei Fremdsprachen“ und „welche Sprachen sind am Markt gefragt“? Tatsache ist, dass die Chancen mit zwei am Markt stark vertretenen Fremdsprachen speziell bei Freiberuflern steigen, wobei zu beachten ist, dass die sprachlichen Voraussetzungen in beiden Sprachen keine Unterschiede in der Ausbildungstiefe dulden. Sehr gute Englischkenntnisse und „leidlich Französisch“ etc. – das funktioniert nicht. Die sprachlich erfahrungsgemäß oft unbedarften Auftraggeber machen solche Unterschiede nicht. Sie gehen grundsätzlich davon aus, dass der Sprachmittler die von ihm angebotenen Sprachen (und Fachgebiete) alle gleich gut beherrscht. Ansonsten spricht nichts dagegen, die Prüfung in nur einer Sprache (der „Lieblingssprache“) abzulegen.
Englisch und ...? Der Pressesprecher der Allgaier Werke in Uhingen (Maschinen-, Geräte- und Anlagenhersteller mit weltweitem Export) sagt dazu (O-Ton): „Wer im Vertriebsbereich eingesetzt ist, muss auf Grund der weltweiten Kontakte außer Englisch noch weitere Sprachen verhandlungssicher beherrschen. Französisch, Spanisch und Italienisch sind dabei von Bedeutung“. Speziell für den fremdsprachlichen und kaufmännischen Einsatz im Vertrieb eignet sich übrigens der weithin unbekannte IHK-Abschluss „Fremdsprachenkaufmann“ (50 % BWL/Management-/Export-Know-how und 50 % vertiefte Wirtschaftssprachenkenntnisse inkl. Dolmetschen) weit mehr als die Übersetzerausbildung, da der Fremdsprachenkaufmann die Auslandskunden vom Erstkontakt bis zum Vertragsabschluss einschl. der Nachsorge betreut und Chancen für eine gehobene Stellung (Gruppenleiter, Exportleiter) im Auslandsvertrieb bietet. Diese früher auch von der AKAD angebotene Ausbildung wurde aber aus dem Programm genommen, weil die meisten Kandidaten nicht über die geforderte mehrjährige kaufmännische Praxis im Auslandsvertrieb verfügten und die Durchfallquoten höher als bei der Ü-Prüfung waren.
Praxiserfahrenen Insidern ist ferner aus eigener Erfahrung bekannt, dass das im Rahmen der staatlichen und akademischen Übersetzerausbildung gelehrte Sachfach „deutsche und fremdsprachliche Handels- bzw. Wirtschaftskorrespondenz“ ein müder Abglanz bzw. eine unbefriedigende Pflichtübung bzw. Schnellbleiche gegenüber dem grundständigen Abschluss „staatl. gepr. Fremdsprachen- bzw. Wirtschaftskorrespondent“ ist und nicht einmal an das Niveau der diesbezüglichen IHK-Abschlüsse heranreicht. Diese Aussage basiert auf langjähriger Beobachtung sowohl des dünnen und inhaltlich unbefriedigenden Lehrmaterials im Fernunterricht (FU) und an den Unis und der mageren Kenntnisse der Absolventen. Insbesondere die an einer (bayerischen) Fachakademie oder an einer sonstigen Fachschule (die diesen Namen verdient) in einer eigenständigen Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse (Im- und Export, Außenwirtschaft etc. mit ca. 8 Prüfungsfächern) bilden eine überaus wertvolle Grundlage für das anschließende Ü-Studium und die späteren praktischen Anforderungen (ob freiberuflich oder im Angestelltenverhältnis).
A propos Fachgebiete: In mindestens einem Fachgebiet – besser in zwei - sollten vertiefte sprachliche und sachliche Kenntnisse vorliegen (vorzugsweise Technik, Recht, Wirtschaft, Urkunden) sowie die Bereitschaft, sich gegebenenfalls in weitere Teilgebiete einzuarbeiten. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe früher sehr viel für die Industrie gedolmetscht, speziell in den Bereichen Maschinenbau und Automobilbereich, stieß aber schnell an meine Grenzen, als es galt, den Ablauf mehrtägiger, komplizierter Lieferantenaudits in Großbetrieben im technischen und im Umweltbereich einschl. schriftlicher Berichte zu dolmetschen bzw. zu übersetzen. Die nötigen Fachkenntnisse hierfür habe ich mir deshalb berufsbegleitend in je einem Semester (jeweils Freitag Nachmittag und Samstag) am renommierten Zentrum für Weiterbildung und Wissenstranfer der Univ. Augsburg bei Prof. Dr. Bernd Wagner angeeignet und erst dadurch einen tiefen Einblick in die Materie gewonnen. Mit den nach den freiwilligen und jeweils mehrstündigen Abschlussklausuren erlangten Uni-Zertifikaten („Qualitäts- und Umwelt-Management“) konnte ich weitere Kunden gewinnen und war plötzlich nicht mehr nur „der Dolmetscher“, sondern „der Herr Kollege Umweltbetriebsprüfer und Qualitätsmanager, der uns sprachlich unterstützt“ (!). Die damals investierten 4500 DM haben sich sehr schnell bezahlt gemacht und die erworbenen Kenntnisse waren auch in anderen Bereichen sehr nützlich und sind es heute noch. Sie haben meine Einstellung zum Qualitätsgedanken tief beeinflusst und geprägt, auch in der akademischen Lehre.
Deshalb meine Bitte an den Nachwuchs, sich auch n a c h der rein sprachlichen Ausbildung ständig fortzubilden, denn der in der Praxis nicht sehr angesehene Nur-Übersetzer hat in Ingenieuren, Betriebswirten und Kaufleuten mit langjähriger Praxis, sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie einem hoch entwickelten, leider immer seltener zu beobachtenden Sprachgefühl, Ausdrucks- und Formulierungsvermögen auch in der deutschen (!!!) Sprache, eine ernst zu nehmende Konkurrenz und hebt mit überzeugendem fachlichen Know-how seinen Akzeptanzgrad am hart umkämpften Sprachenmarkt. Mit derlei Rüstzeug ausgestattete und dazu auch noch akquisitorisch begabte KollegInnen haben es nicht nötig, sich auf ewige Zeit und für ein Spottgeld bei so genannten Übersetzungsagenturen zu verdingen. Sie arbeiten höchstens im Kollegenverbund und haben nach langjähriger erfolgreicher Praxis nur ein mildes Lächeln für haarspalterische Unterschiede zwischen „staatlich oder akademisch geprüft“ übrig. Prüfungsurkunden und Diplome sind zunächst nur Eingangsqualifikationen für Anfänger, nicht mehr und nicht weniger. Sie sagen wenig über das tatsächliche Können aus. Letzteres stellt sich ohnehin erst nach langjähriger Praxis ein und das größte Kompliment für das tatsächliche Können des Sprachmittlers ist die Mundwerbung von Privat-, Industrie- und Behördenkunden – und sogar von KollegInnen. Nach über 30-jähriger Berufserfahrung im Übersetzen und Dolmetschen muss ich feststellen, dass das „Hochjubeln“ der akademischen Ü-Ausbildung in keiner Weise gerechtfertigt ist und sogar von vielen AbsolventInnen nach einigen Praxisjahren rückblickend und angesichts der konkreten Anforderungen in der Praxis eher mit harschen Kommentaren belegt wird.
Und lohnt sich denn das Ganze auch? Lohnen sich die vielen einsamen Stunden und Jahre des Lernens und Büffelns, des Stocherns mit der Stange im Nebel der Ungewissheit und das viele investierte Geld? Da hilft wohl nur die alte Weisheit, die für alle Berufe, Projekte, Unternehmen und Tätigkeiten gilt: „Ich weiß nicht, ob ich etwas erreiche, wenn ich etwas tue. Ich weiß nur, dass ich nichts erreiche, wenn ich nichts tue.“ Auch unter den selbständigen Ü + D gibt es welche, die am Existenzminimum knabbern (kürzlich gestand mir ein Dipl.-Ing. und staatl. gepr. Ü in einer nicht gerade stark vertretenen europ. Sprache, er halte sich mit „1-Euro-Jobs“ über Wasser), andere wiederum (das gute Mittelfeld), die ganz gut durchkommen und ihre Frau bzw. ihren Mann stehen, und wiederum andere, die sich vor Aufträgen kaum retten können – wie eben in jedem Beruf, das muss man ganz nüchtern und sachlich sehen - und die jenseits aller klassischen Kenntnisse auch ganz bestimmte (vielleicht sogar angeborene) „Fähigkeiten“ und „Fertigkeiten“ besitzen, die ihnen helfen, sich am Markt besser durchzusetzen.
Und welchen Part wollen S i e in diesem Orchester später spielen? Für diejenigen, die noch Zweifel haben oder sich ganz grundsätzlich über das Berufsbild und die Licht- und Schattenseiten speziell der Selbständigkeit (und vieles andere mehr) informieren wollen, veranstalte ich jährlich einmal (an einem Samstag im Oktober) ein Tagesseminar in Esslingen bei Stuttgart in der Geschäftsstelle unseres Ü/D-Verbandes.
Der Umgang mit Sprachen ist einer der schönsten Berufe der Welt! Daran gibt es für leidenschaftliche Fremdsprachler nicht den geringsten Zweifel.
Viele Grüße aus der Praxis!
Reinold Skrabal
www.reinoldskrabal.de
Siehe auch folgende Beiträge:
- Zum Berufsbild des Übersetzers (10.09.04 - Reinold Skrabal)
- Prüfungszulassung ohne Fachausbildung (10.05.05 - R. Skrabal)
- Interview mit Prof. Dr. Bügner (13.05.05 - Buddel) mit Verweis auf den
ausführlichen, hochinteressanten Ausbildungsbericht einer Teilnehmerin
Ab sofort (Sept. 2005) gibt es n e u e , e x t e r n e (!), in enger Zusammenarbeit mit dem BDÜ entwickelte Prüfungsmöglichkeiten für Übersetzer(inn)en mit einem "akademischen Sprachenzeugnis", das die Außenwirkung verbessert und bezüglich der Wertigkeit in etwa die praxisorientierte Variante zur Diplom-, Bachelor- und Masterprüfung im translatorischen Bereich darstellt.
Eine Konkurrenz zu den Ausbildungsangeboten der AKAD besteht nicht, da der betreffende akademische Bildungsträger nicht ausbildet, sondern - wie gesagt - externe Prüfungsmöglichkeiten anbietet und hier eine bereits absolvierte Ausbildung oder langjährige Praxis voraussetzt.
Nähere Infos siehe obige Website.