Korrektur Steuerbescheid

Zwei Juristen, drei Meinungen ;-)
...kein Anspruch auf Gegenleistung
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Gast

Hallo Ihr!

Ich bin im Steuerrecht noch nicht so versiert und brauche mal Eure Hilfe zu folgender Aufgabe:

Die Steuerpflichtige D reicht ihre Einkommensteuer-Erklärung für 1991 (!) am 14.06.1995 beim Finanzamt ein. Das Finanzamt gab den Einkommensteuerbescheid 1991 am 21.02.1996 zur Post. Anfang April 1998 entdeckt die Steuerpflichtige im Steuerbescheid 1991 eine offenbare Unrichtigkeit, die eine um 200 zu hohe Steuer bewirkt hatte.

Am 3. Mai 1999 (!) legte Frau D schriftlich beim Finanzamt "Widerspruch" ein. In Ihrer Begründung brachte sie zum Ausdruck, steuerliche Nachteile aufgrund von Rechnenfehlern, die das Finanzamt zu vertreten hätte, wären nach ihrem Rechtsempfinden jederzeit zu korrigieren.

Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten dieses Vorgehens?
powder
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Hallo,

habe gerade die Steuerklausur hinter mir...
Meiner MEinung nach müssen die Fristigkeiten beachtet werden (§1xx AO), sind ein oder 4 Jahre. Wenn die Fristigkeien eingehalten wurden, dann kann nach $173 AO oder §16x AO dagegen angegangen werden.

Gruß
Gast

Hallo,
ich muß powder widersprechen, seine Lösung ist nicht zu treffend.
1. Wenn eine Korrekturvorschrift in Frage kommt, dann wegen der
"offenbaren Unrichtigkeit" nur § 129 AO.
2. Der Hinweis sollte gemacht werden, dass der "Einspruch" der richtige
Rechtsbehelf ist, die unrichtige Bezeichnung "Widerspruch" jedoch un-
schädlich ist (§ 357 Abs. 1 AO)
3. Zur Lösung sind die §§ 169, 170 und 358 AO einschlägig. Zu prüfen
ist, ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Ergebnis: der Rechtsbehelf vom 03.05.1999 ist verspätet und müßte als
unzulässig verworfen werden.
4. Begründung:
Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des 31.12.1991 um 24 Uhr.
Da die Steuererklärung nicht innerhalb von 3 Jahren seit Ablauf des
31.12.1991 abgegeben wurde - erst am 14.06.1995 - beginnt die Fest-
setzungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.12.1994. Die Dauer der Fest-
setzungsverjährung beträgt bei Einkommensteuer 4 Jahre, sie beginnt
also am 01.01.1995 und endet am 31.12.1998 um 24 Uhr.
powder
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Registriert: 14.03.04 13:59

Schon wieder was gelernt.
Gast

Hallo Fragesteller und powder,

damit kein Missverständnis eintritt, mein Lösungsvorschlag sollte auf kürzestem Weg zum Ziel führen. Der Vollständigkeit halber möchte ich
noch darauf hinweisen, dass der offenbaren Unrichtigkeit und § 129 AO
folgende Überlegung voranzustellen ist, nämlich auf die Sachverhaltsan-
gabe: Einkommensteuerbescheid am 21.02.1996 zur Post aufgegeben.
Dadurch setzt folgendes Prüfschema ein:
1. Wann gilt der EStB als zugestellt? (3-Tage-Fiktion)
2. Wie lange dauert die Einspruchsfrist und wann läuft sie ab?
3. Ist dieser (errechnete) Tag ein Sonnabend, Sonntag oder Feiertag?
(Folge ergibt sich auf § 193 BGB)
4. Zwischenergebnis: die Stpfl. hat den EStB rechtskräftig werden lassen.
Daher grundsätzlich keine Berichtigungsmöglichkeit mehr.
5. Jetzt folgt § 129 AO
Wer will, kann noch einen Satz verlieren zu der Angabe, die Stpfl. habe
die offenbare Unrichtigkeit im April 1998 entdeckt und erst 1999 etwas
unternommen sowie zu ihrer Meinung, offenbare Unrichtigkeiten könnten
jederzeit berichtigt werden.
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