
Das Nachfolgende soll nur helfen, auch mit einem schwierigen Kolloquium klarzukommen, wo hier oft von netten und zuvorkommenden Prüfern berichtet wird.
Ein etwas längerer Text, vorab schon mal Glückwunsch an alle, die sich das ganz durchlesen.

Ich möchte also meine Erfahrungen aus dem Kolloquium am 23.07.2015 teilen, die ausnahmsweise eher negativ sind.
Meine Prüfer waren meine Zweitgutachterin der Bachelor-Arbeit und ein mir völlig unbekannter Professor.
Hier das erste Problem. Mein Betreuer war also hier leider nicht zugegen, was ich sehr schade und auch unangebracht fand.
Meine Zweitgutachterin schrieb dann im Kolloquium selbst hauptsächlich das Protokoll, während ich von dem mir unbekannten Professor befragt wurde.
Der Start war schwierig. Er stellte die Frage „Welches war Ihre Forschungsfrage?“
Während ich meine Arbeit in den Einzelschritten erklären wollte, unterbrach mich mein Prüfer immer wieder mit Fragen. Die versuchte ich immer bestmöglich zu beantworten.
Als er aber immer wieder zeigte, dass er meine Bachelor-Arbeit insgesamt nicht gut findet (von der Themenstellung bis zur Vorgehensweise), war ich doch sehr verunsichert.
Er hat viele Details der Arbeit bemängelt und auch öfters abgewunken, im Sinne von „das ist ja ein Blödsinn, aber machen wir mal weiter“.
Ein kleines Kapitel im Grundlagenteil mit einer Randnotiz über die BCG-Matrix war für ihn dann eine tiefere Auseinandersetzung wert.
Ich, bereits verunsichert und auch leider in dieser Randnotiz thematisch nicht fit, konnte einige seiner Fragen nicht beantworten.
Teils, weil ich ihn nicht verstanden habe, teils, weil ich einfach in dem Bereich unvorbereitet war.
Es handelte sich wie gesagt nur um eine Randnotiz in einer 64-Seiten-Arbeit.
So liefen dann praktisch die ganzen 45 Minuten. Quer durch die Arbeit und viel Kritik, gegenüber der ich mich dann äußern konnte.
Manchmal gingen die Fragen weiter in Richtung Theorie, jedoch immer schön im thematischen Bereich meiner Arbeit (Logistik, Produktion).
Zwischendurch wurde dann meine Zweitgutachterin zur Befragung einbezogen.
Ihr Hauptkritikpunkt an meiner Arbeit, bzw. ihre Hauptfrage, war ein mathematischer Verständnisfehler ihrerseits, den ich daher erläutert habe (Prozentrechnung: 99% x 99% = 98%, NICHT 9801%).
Sie darauf hinzuweisen, dass es ein Verständnisfehler ist, hat der besagte Professor sehr abwertend aufgenommen.
Ich müsse vorsichtig sein mit meinen Aussagen. Ist aber natürlich auch schwierig, es nett zu sagen, wenn die Prüfer (beide ProfessorIn DoktorIn) einen mathematischen Denkfehler haben und der angehende Bachelor-Student das richtigstellen muss.
Insgesamt wurde mir später von dem Professor attestiert, ich sei in meiner Art als Person, wie auch bei meiner wissenschaftlichen Arbeit zu forsch.
Laut meinen Noten sähe man auch, dass ich in den „Plauderei“-Fächern besser sei, als in den Fächern, in denen man „wirklich etwas machen“ muss (wie Statistik).
Diese Art der Bewertung fand ich sehr unangebracht, vor allem, weil wir uns eben nur in den 45 Minuten kennengelernt hatten und ich mich absolut gegenteilig sehe (die "Laberfächer" Marketing oder Unternehmensführung fielen mir schwerer als Mathe).
Nun klingt das alles sehr negativ.
Ich war nach den 45 Minuten auch psychisch ziemlich platt und fertig mit der Welt.
Aber Angst möchte ich keinem machen, sondern vielmehr Mut, wenn es mal im Kolloquium nicht so läuft.
1. Der Professor hatte mit vielem in seiner Kritik Recht.
Meine Bachelor-Arbeit weist wissenschaftlich einige Nachlässigkeiten auf, auch ging ich zu direkt, zu „praktisch“ vor (er nannte es „eine Praktiker-Arbeit, keine Bachelor-Arbeit“).
Außerdem konnte ich aus Aufregung und eben aus "Aufgewühltheit" einige eigentlich leichte Fragen nicht beantworten.
2. Ich fühlte mich schnell „abgestempelt“.
Da wäre ein Kolloquium bei meinem Betreuer, mit dem ich viel persönlichen Kontakt hatte, sicher besser abgelaufen.
Damit muss man dann aber als Bachelor-Absolvent klarkommen und versuchen, zu zeigen, dass man mehr drauf hat.
3. Im Endeffekt hat es zu einer guten Note gereicht. Das heißt, im 2er-Bereich.
Was bedeutet das? Meiner Meinung nach Folgendes: In der Regel sind die Prüfer wohl sehr nett und hilfreich, das Kolloquium ein schönes, kurzweiliges Gespräch.
Findet ihr jedoch eine Ausnahmesituation, wie ich sie hatte, vor – macht euch nicht verrückt.
Im Nachhinein denke ich, diese sehr kritische und auch etwas aggressive Herangehensweise war einfach die Art dieses Professors zu prüfen, inwieweit ich selbst kritisch, wissenschaftlich meine eigene Arbeit überprüfen und nachvollziehen kann.
Und das sollte zeigen, ob ich den Bachelor-Abschluss verdient habe.
Er hat mich definitiv zu Beginn schon gewissermaßen in eine Schublade gesteckt und wollte gewisse Punkte bei mir reizen und tiefergraben, was fachlich so in mir steckt.
Gefallen hat mir das nicht, ganz ehrlich. Da war nicht viel Spaß dabei.
Ich denke noch heute an einige Momente aus dem Kolloquium zurück und schüttle den Kopf.
Aber immer dran denken: Auch wenn ihr euch im Kolloquium unwohl fühlt, sehr viel einstecken müsst und unsicher seid – wenn ihr zeigt, was ihr gelernt habt und was ihr drauf habt, kann auch da eine gute Note rauskommen, wie bei mir.
Allen, die das noch vor sich haben, viel Erfolg und Durchhaltevermögen.
Ich geh‘ jetzt mal feiern.
