Liebe Fremdsprachenfreunde,
aus gegebenem Anlass hier mal wieder etwas GRUNDSÄTZLICHES in Sachen Sprachenwahl, Ausbildung, Theorie und Praxis.
Die Wahl der Fremdsprache(n) für die spätere Berufstätigkeit ist einerseits Herzenssache und andererseits „Marktdiktat“ (am besten eine gelungene Mischung aus beiden), und zwar unabhängig davon, ob man als Angestellte(r) im Auslandsvertrieb oder als Selbständige(r) arbeitet. Ideal wären 2 gut beherrschte Fremdsprachen und Kenntnisse in einer dritten.
Tatsache ist, dass fundierte praxisverwertbare Fachkenntnisse wie Wirtschaft, Außenwirtschaft, Technik, Medizin etc. bei der Darstellung der Qualifkation absolut an 1. Stelle stehen sollten und die Fremdsprachen (was manche partout nicht verstehen wollen) lediglich das unerlässliche Beiwerk sind, das die eigentlichen Fachkenntnisse erhöht. Mit anderen Worten: Ein Ingenieur oder ein Fachkaufmann für Außenwirtschaft mit guten bis sehr guten Fachsprachenkenntnissen ist in der Regel gefragter und fachlich kompetenter als ein Übersetzer mit (angelernten) technischen oder kaufmännischen Kenntnissen (seltene Ausnahmen bestätigen die Regel).
Die sprachlichen und fachlichen Lehrinhalte divereser akademischer Ü-Studiengänge insbesondere der Universitäten werden seit Jahren bemängelt. Sie sind zu theoretisch ausgelegt und aus Gründen der vermeintlichen Marktakzeptanz mit allerlei theoretischem Schnickschnack aufgepeppt worden, werden aber von den Entscheidern in Industrie und Wirtschaft kaum ernst genommen. Die Praxisfeindlichkeit dieser Universitäten ist geradezu sprichwörtlich.
Auch die Kenntnisvermittlung in der fremdsprachlichen Wirtschafts- und Handelskorrespondenz ist an den Hochschulen und Universitäten stellenweise mangelhaft. Man beschränkt sich lustlos auf ein paar Briefchen ... und tschüss. Praxisorientierte außenwirtschaftliche Fachkenntnisse? Fehlanzeige! Dabei fußt die klassische Fachsprachenausbildung seit jeher auf dem Y-Modell, d.h. von unten nach oben zunächst die Korrespondentenausbildung mit Hin- und Her-Übersetzungen mittleren Schwierigkeitsgrades (insgesamt 8 Fächer) und danach die Gabelung in Richtung Übersetzen und/oder Dolmetschen.
Zum Thema Fernunterricht:
FU ist eine gute und bewährte Sache. Die FU-Ausbildung zum Übersetzer kostet jedoch im Schnitt ca. 12.000.-- €. Wesentlich preiswerter – aber nicht jedermanns Sache - ist das Selbststudium, eine von mir absolut favorisierte Studienform, wenn man die richtige Einstellung hat und sich auf das Wesentliche, d.h. auf die Prüfungsanforderungen laut Prüfungsordnung und auf die Anforderungen in der Praxis, konzentriert.
Zum Thema ITALIENISCH:
Italien ist weltweit der viertstärkste Handelspartner Deutschlands, aber die vielen Freunde der italienischen Sprache werden von den FU-Veranstaltern und Handelskammern stiefmütterlich behandelt. Es gibt keine FU-Ausbildung mehr und sie können ihre Kenntnisse vor allem auch nicht durch Prüfungsurkunden nachweisen. Aus dem kürzlichen zufälligen Gespräch mit der Italienisch-Sachbearbeiterin in der Exportabteilung eines Ulmer Betriebes ergab sich, dass sie sich exakt in der gleichen Lage befindet. Sie führt den gesamten Schriftwechsel mit den italienischen Kunden und dolmetscht auch auf Messen, hat aber keinen Abschluss und ist sehr unglücklich über diesen Zustand. Ich habe ihr auf Grund ihrer praktischen Erfahrungen eine vertiefte externe Schulung zugesagt und werde ihr nach bestandener Abschlussprüfung eine Prüfungsurkunde als „Außenwirtschaftskorrespondentin in der italienischen Sprache“ ausstellen.
Ihnen allen wünsche ich einen guten Studienverlauf und verbleibe mit herzlichen Grüßen
Senator h.c. Univ.-Lektor Reinold Skrabal
Akademisch gepr. Fachübersetzer (Fr/It/En) und Außenwirtschaftsreferent (FH) - Staatl. gepr. Wirtschaftskorrespondent (Fr/It/Es)
Projekt- und Qualitätsmanager (Univ.)
Ausbildung, Theorie und Praxis
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