Öffentliche Bestellung/Vereidigung als Übersetzer

Englisch, Französisch...
Antworten
Yebisah
Neues Mitglied
Neues Mitglied
Beiträge: 2
Registriert: 13.01.04 21:22

:?:
a) Wenn man nun sämtliche Prüfungshürden erfolgreich genommen hat und stolz sein Übersetzerdiplom/zeugnis in Sprache XY in Empfang genommen hat - Wie wird man nun eigentlich "öffentlich bestellt und vereidigt"? Welche Behörde/Amt etc. ist dafür zuständig?

b) Wie steht es mit der Anerkennung von deutschen Prüfungen im europäischen Ausland? Wird z.B. der Titel "staatl. geprüfter ÜbersetzerIn für Spanisch" auch in Spanien anerkannt und wenn ja, in welchem Umfang?

Wäre dankbar für nützliche Hinweise.
Benutzeravatar
Reinold Skrabal
Forums-Scout
Forums-Scout
Beiträge: 298
Registriert: 19.01.03 19:32
Wohnort: Göppingen
Kontaktdaten:

Hallo Yebisah,

bei dem für den Wohnsitz zuständigen Landgericht (meist Geschäftsstelle des Präsidenten) kann ein Merkblatt angefordert werden, das die Bedingungen für die Be- bzw. Vereidigung enthält (staatl. bzw. akademische Übersetzerprüfung). Wenn alle Voraussetzungen für die allgemeine Beeidigung vorliegen (beglaubigte Zeugniskopien, Angaben zur Staatsangehörigkeit, Erklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse etc.) erhält man vom zuständigen Gericht einen Vorladungsbescheid mit Terminangabe und wird vom Präsidenten oder Vizepräsidenten allgemein beeidigt. Zuvor wird man noch aufgefordert, beim Bundeszentralregister ein Führungszeugnis der Belegart "0" (= Sonderform für Behörden sprich unbeschränkte Auskünfte) anzufordern und darf für jede Sprache eine Gebühr zahlen (in Bayern zur Zeit 75 Euro). Nach der Vereidigung erhält man ein Merkblatt mit Formalien zum
Beglaubigungstext und zum Inhalt des Rundstempels.

In Baden-Württemberg lautet die Bezeichnung "öffentlich bestellter und beeidigter Urkundenübersetzer der ... Sprache für Baden-Württemberg,
in Bayern nur ... beeidigter Übersetzer. In anderen Bundesländern sind die Regelungen unterschiedlich: Allgemein ermächtigter Übersetzer etc.
Man darf nur die jeweils vorgeschriebene Bezeichnung führen. In einigen Bundesländern darf der Übersetzer seine Übertragungen beglaubigen (BW), in anderen nur die Richtigkeit der Übersetzung bescheinigen.

In Bayern und Baden-Württemberg werden Absolvent/innen mit dem nordrhein-westfälischen IHK-Abschluss "staatl. anerk. Übersetzer/in" grundsätzlich nicht beeidigt, da diese "Prüfung" laut Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes von 1987 nicht mit den Anforderungen des Abschlusses "staatl. gepr. Übersetzer/in) gleichzusetzen ist. Selbst in Nordrhein-Westfalen scheint man der hauseigenen IHK-Prüfung nicht ganz zu trauen, denn für Vereidigungszwecke verlangt man dort mindestens die Abschlussnote 2,0. "Staatl. gepr." und "staatl. anerk." sind also auf keinen Fall gleichzusetzen. Geführt werden darf grundsätzlich nur die Bezeichnung, die im Prüfungszeugnis angegeben ist.

Anerkennung deutscher Prüfungen im Ausland: Mir sind Fälle bekannt, in denen die Prüfungsurkunde eines deutschen Kultusministeriums (staatl. gepr. Übersetzer/in) ohne weiteres im Ausland von dortigen staatlichen Behörden anerkannt worden ist. Eine Anerkennungspflicht besteht grundsätzlich nicht, sofern nicht zwischenstaatliche Abmachungen bestehen. Es ist möglich, dass bei irgendeinem ausländischen Amt eine so genannte "Gleichstellung" zu beantragen ist. Ist dies nicht der Fall, sollte man sicherheitshalber nachfragen, ob der deutsche Titel in eine landesübliche Form umgewandelt werden darf.

Viele Grüße
Reinold Skrabal
irene2005

Kann einem später die Vereidigung zum Übersetzer entzogen werden und wenn ja, ab welchem Strafmaß oder Straftat? Kann mir da jemand weiterhelfen?
Benutzeravatar
Reinold Skrabal
Forums-Scout
Forums-Scout
Beiträge: 298
Registriert: 19.01.03 19:32
Wohnort: Göppingen
Kontaktdaten:

Hallo Irene,

die Beeidigung kann unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden, insbesondere dann, wenn sich der/die Übers. durch Falschübersetzungen als ungeeignet erweist und ferner, weil er ja als für den öffentl. Dienst besonders Verpflichteter einem Amtsträger gleichgestellt ist, bei den Delikten bzw. Verbrechen
- Urkundenfälschung
- Betrug
- Verwahrungsbruch
- Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
- Verletzung von Privat-, Betriebs-, Geschäfts- u. Steuergeheimnissen
- Verwertung fremder Geheimnisse
- Verletzung des Dienstgeheimnisses
- Vorteilsnahme, Bestechlichkeit
- Drogendelikten, Betäubungsmittelabhängigkeit

Der Entzug ist in das Ermessen des zuständigen Landgerichtspräsidenten gestellt und erfolgt nach Anhörung des/der Betreffenden.

Kritisch ist meines Erachtens auch, wenn ein beeid. Übers. ihm anvertraute amtliche Schriftstücke (z.B. eine Anklageschrift, ein Urteil) von einer nicht beeidigten Person übersetzen lässt und ihr damit dienstliche Geheimnisse zugänglich macht und in Verwahrung gibt. Hier sind insbesondere auch die Übersetzungsbüros angesprochen, deren Inhaber nicht beeidigt sind. Solche Dokumente sollte man nur und ausschließlich von beeidigten Kollegen übersetzen lassen, um Schwierigkeiten schon in Ansatz zu vermeiden.

Vielfach werden den vom Ü-Büro beauftragten Übers. nur Kopien der zu übersetzenden Schriftstücke mit dem Vermerk "Original liegt vor" übermittelt. Auch das ist kritisch, weil mit den heutigen Mitteln Fälschungen jederzeit möglich sind. Hier macht sich die übersetzende und beglaubigende Person eventuell mitschuldig.

Professionelle, auf ihr Ansehen bedachte Übers. fertigen Übersetzungen von Urkunden aller Art nur und ausschließlich gegen Vorlage des Originals, ohne Wenn und Aber. Wird nur eine unbeglaubigte Fotokopie vorgelegt und ist die Übersetzung aus Termingründen äußerst eilbedürftig, sollte unbedingt auf dem Blatt oben und dann nochmals im Beglaubigungsvermerk darauf hingewiesen werden, dass die Übersetzung auf Grund einer unbeglaubigten Kopie erfolgte. Auch das "Ansiegeln" einer Kopie des übersetzten Textes mit einem Ösenapparat ist empfehlenswert und dient der erweiterten Information des Urkundenempfängers (Behörde etc.). Im Falle von Verdachtsmomenten sollte die Übersetzung abgelehnt bzw. auf der Vorlage des Originals oder einer beglaubigten Kopie bestanden werden.

Viele Grüße
Reinold Skrabal
Antworten